Angedacht 2019

Hier können Sie die Texte des "Angedacht" aus den politischen Mitteilungsblättern nachlesen. Einfach auf die gewünschte Kalenderwoche klicken:

Kalenderwoche 51
Kalenderwoche 50
Kalenderwoche 49
Kalenderwoche 48
Kalenderwoche 47
Kalenderwoche 46
Kalenderwoche 45
Kalenderwoche 44
Kalenderwoche 43
Kalenderwoche 42
Kalenderwoche 41
Kalenderwoche 40
Kalenderwoche 39
Kalenderwoche 38

Kalenderwoche 37
Kalenderwoche 36
Kalenderwoche 35
Kalenderwoche 34
Kalenderwoche 33
Kalenderwoche 32
Kalenderwoche 31
Kalenderwoche 30
Kalenderwoche 29
Kalenderwoche 28
Kalenderwoche 27
Kalenderwoche 26
Kalenderwoche 25
Kalenderwoche 24
Kalenderwoche 23
Kalenderwoche 22
Kalenderwoche 21
Kalenderwoche 20
Kalenderwoche 19
Kalenderwoche 18
Kalenderwoche 17
Kalenderwoche 16
Kalenderwoche 15
Kalenderwoche 14
Kalenderwoche 13
Kalenderwoche 12
Kalenderwoche 11
Kalenderwoche 10
Kalenderwoche 9
Kalenderwoche 8
Kalenderwoche 7
Kalenderwoche 6
Kalenderwoche 5
Kalenderwoche 4
Kalenderwoche 3
Kalenderwoche 2

19.12.19


Liebe Leserin, lieber Leser!
Es war einmal ein Wolf. Er lebte in der Gegend von Bethlehem. Die Hirten wussten um seine Gefährlichkeit und waren allabendlich damit beschäftigt, ihre Schafe vor ihm in Sicherheit zu bringen. Stets hatte einer von ihnen Wache zu halten, denn der Wolf war hungrig, listig und böse.
Es war in der Heiligen Nacht. Eben war der wunderbare Gesang der Engel verstummt. Ein Kind sollte geboren worden sein, ein Knabe.
Der Wolf wunderte sich sehr, dass die rauen Hirten allesamt hingingen, um ein Kind anzusehen. "Wegen eines neugeborenen Kindes solch ein Getue", dachte der Wolf. Neugierig geworden und hungrig wie er war, schlich er ihnen nach. Bei dem Stall angekommen versteckte er sich und wartete.
Als sich die Hirten nach der Verehrung des Kindes von Maria und Josef verabschiedeten, hielt der Wolf seine Zeit für gekommen. Er wartete noch, bis Maria und Josef eingeschlafen waren; die ausgestandene Sorge und die Freude über das Kind hatten ihre Lider schwer gemacht.
"Umso besser", dachte der Wolf, "ich werde mit dem Kind beginnen." Auf leisen Pfoten schlich er in den Stall. Niemand bemerkte sein Kommen, allein das Kind. Es blickte voll Liebe auf den Wolf, der Tatze vor Tatze setzend sich lautlos an die Krippe heran schob. Er hatte den Rachen weit geöffnet und die Zunge hing ihm heraus. Er war schrecklich anzusehen. Nun stand er dicht neben der Krippe. "Ein leichtes Fressen", dachte der Wolf und schleckte sich begierig das Maul. Er setzte zum Sprung an.
Da berührte ihn behutsam und liebevoll die Hand des Jesuskindes. Das erste Mal in seinem Leben streichelte jemand sein hässliches, struppiges Fell und mit einer Stimme, wie der Wolf sie noch nie vernommen, sagte das Kind: "Wolf, ich liebe dich".
Da geschah etwas Unvorstellbares im dunklen Stall von Bethlehem platzte die Tierhaut des Wolfes und heraus stieg ein Mensch. Ein wirklicher Mensch. So wie Gott ihn von Anfang an gedacht.
Der Mensch sank in die Knie, küsste die Hände des Kindes und betete es an. Alsdann verließ er den Stall - lautlos wie er zuvor gekommen war und ging in die Welt, um die erlösende Berührung des göttlichen Kindes allen zu künden.
Niemand hat gesehen, was sich in jener Nacht zugetragen, nur das Jesuskind und der Menschgewordene Gott wissen, was geschehen ist. Und die beiden wissen, dass dies noch immer geschieht an allen, die sich in ihrer Tierhaut der Krippe nahen und vom göttlichen Kind anrühren lassen.
In wenigen Tagen feiern wir Weihnachten, das Fest der Menschwerdung Gottes! Lasst uns zur Krippe gehen und entdecken, was wirklich zu Weihnachten gehört und weit in unser Leben und in unsere Welt hineinreichen möchte, damit Leben gelingen kann und Zukunft für alle ermöglicht wird.
Mit dieser schönen Weihnachtsgeschichte möchte ich jedem - jeder Einzelnen, der - die sie liest wünschen, dass er - sie der menschgewordenen Liebe Gottes begegnet - nicht nur in der Heiligen Nacht, sondern auch an jedem Tag des kommenden Jahres.

Frohe Weihnachten, ein gesegnetes Fest und ein gutes Neues Jahr unter der schützenden Hand Gottes!
Ihr/euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

12.12.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
der Advent verändert. Ganz sichtbar ist das in unseren Straßen. In den Fenstern leuchten einem die verschiedensten Lichter entgegen – manche zart und warm, andere bunt und leuchtend. Man mag sich über den Geschmack streiten, aber entziehen kann man sich den Lichtern nicht. Als Kinder haben wir oft auf der Autofahrt zu den Weihnachtsmärkten die Lichter in den Fenstern gezählt. Jede zählte auf ihrer Fensterseite und diejenige, hatte gewonnen, die am Schluss die meisten Lichter gesehen hatte.
Der Advent verändert. Er verändert unsere Straßen. Mitten in der dunklen Jahreszeit wird es licht durch die verschiedenen Lichter. Mitten in unserer heutigen Welt hinein erwarten wir das Kind in der Krippe. Diese Erwartung – manchmal zart und warm, manchmal bunt und leuchtend – verändert, denn Gott selbst begegnet uns in dem Kind in der Krippe.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit und schöne Weihnachtsfeiertage.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

05.12.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Geht es Ihnen auch so? Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit wird gern gesungen und es tauchen die alten Lieder wieder auf, mit ihren altertümlichen Texten und Melodien. Manche davon gehen einfach zu Herzen. Oft sind es die einfachen, schlichten Melodien, die man vielleicht schon als Kind gehört hat. Vielleicht sind sie von den Großeltern vorgesungen worden oder man hat sie, wie bei uns zu Hause am Abend vor dem Adventskranz und der laufenden Pyramide miteinander gesungen. Dazu wurde eine Geschichte vorgelesen, die vom Advent handelte. Ja, gerade in der Adventszeit kommen diese Melodien und Kindheitserinnerungen wieder ins Bewusstsein zurück. In meinem Herzen wohnt seit Kindestagen ein altes Volkslied, das aus dem 17. Jahrhundert stammt. Es heißt „Maria durch ein Dornwald ging“. Es ist vor allem die traurig-schöne Melodie, die sich mir eingeprägt hat. In dem Lied wird beschrieben, wie Maria durch einen Dornwald geht, der sieben Jahre kein Laub getragen hat. Dann aber, als sie mit dem Kind unter ihrem Herzen hindurchgeht, fängt er an zu blühen. Die Dornen haben Rosen getragen, so heißt es.
Als Kind stellte ich mir diesen Dornenwald sehr gespenstisch und grausam vor.
Ein Dornwald ist eine sehr schmerzhafte Vorstellung. In meiner Fantasie sehe ich dort noch immer kahle Äste, Gestrüpp mit langen, spitzen Dornen. Trostlos, kein Ort, an dem man sich aufhalten möchte. Man verletzt sich, wenn man hindurchgeht, reißt sich die Haut auf und trägt Wunden davon.
Dann aber fängt dieser kahle Wald im Lied an, lebendig zu werden, Farbe zu bekommen und Blüten zu tragen. Für mich handelt das Lied davon, Gottes Nähe dort zu spüren, wo es zunächst nicht vorstellbar ist: in einer Umgebung, die leblos erscheint und Schmerzen kennt. Das heißt nicht, dass Gott alles Unschöne schön und alles Unbehauste bewohnbar macht – oder dass Gottes Blüten die Dornen der Welt unschädlich machen. Es bedeutet das Gegenteil. Nämlich, dass Gott sich in die Dornen der Welt hineinbegibt. Und sicher auch, dass er Blüten schafft an längst totgesagten Ästen. So hören wir es in der Melodie des Liedes; sie ist traurig und tröstlich zugleich. Beides ist in ihr: die Dornen der Welt und die heilsame Nähe. „Dann haben die Dornen Rosen getragen, Kyrie eleison.“
Maria, die durch den Dornwald geht, die unter Schmerzen ihr Kind bekommt, in der Fremde, in einem Stall, und die ihr Glück über das Kind kaum fassen kann. Sie spürt, Gott ist da, in diesem armseligen Stall. Er ist mit ihr gegangen. Ganz erkennen, erfassen kann sie diesen Gedanken nicht, sie bewegt ihn hin und her in ihrem Herzen und schöpft daraus für sich und ihr Kind Mut.
Dieses Hin-und-her-Bewegen im Herzen beschäftigt mich. Im Advent lassen wir unsere Herzen bewegen, durch Lieder, Worte und Erinnerungen. Wir lassen unser eigenes Herz anstoßen von Gott. Sich immer wieder neu berühren zu lassen, das heißt, dem Ruf „Kyrie eleison, Herr, erbarme Dich“ einen neuen Klang zu geben. Ihn aus tiefsten Herzen zu rufen und zu vertrauen: Gott beugt sich zu uns hinab und hilft – auch wenn wir es uns kaum vorstellen können, wenn wir ganz und gar gefangen sind im Schmerz der Dornen.
Maria zeigt uns, dass es kein großes Wunder sein muss, wenn Himmel und Erde sich berühren. Es ist kein Ereignis, bei dem die Welt aufhört, sich zu drehen, und Fanfarenklänge durch die Luft klingen. Wenn Himmel und Erde sich berühren, kann das der eigene Herzschlag sein, der sich von Gott neu anstoßen lässt.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel

zurück zum Seitenanfang

28.11.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
frisch gebunden, mit vier Kerzen und ein bisschen adventlichen Schmuck steht er seit Montag auf unserem Tisch. Als ich mich mit Freundinnen zum Adventskranzbinden verabredet habe, meinte mein Mann: „Wir haben doch eh keine Zeit für einen Adventskranz.“ Und ja, er hat Recht! Die Adventszeit ist voll und dennoch. Dennoch möchte ich auf die Tradition des Adventskranzes nicht verzichten. Jeden Adventssonntag eine Kerze anzünden und sehen wie Weihnachten mit jeder Woche etwas näherkommen.
Der evangelische Pfarrer Wichern hat diese Tradition eingeführt. Auf einem Holzkranz im Rauhen Haus in Hamburg standen damals 20 kleine rote Kerzen und vier große weiße Kerzen für die Adventssonntage. An jedem Tag bis hin zu Weihnachten wurde eine Kerze mehr angezündet und so für die Weisenkinder im Rauhen Haus die Zeit des Wartens auf Weihnachten anschaulich. Und mit jeder Kerze stieg die Vorfreude auf Weihnachten.
Auch wenn nur noch vier große Kerzen auf meinen Adventskranz stehen, freue ich mich darauf jetzt am ersten Advent endlich die erste Kerze anzünden zu dürfen und das erste Licht auf den Weg auf Weihnachten hin zu sehen.
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten ersten Advent.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

14.11.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
"Nebel hängt wie Rauch ums Haus, / drängt die Welt nach innen; / ohne Not geht niemand aus; / alles fällt in Sinnen. / Leiser wird die Hand, der Mund, stiller die Gebärde. / Heimlich, wie auf Meeresgrund, / träumen Mensch und Erde."
So beschreibt der Dichter Christian Morgenstern in einem poetischen Bild den Novembernebel. Ich erkenne darin gut meine Novemberstimmung: Der Nebel hängt oft träge und schwerfällig über so manchen Tagen und nimmt mir die Lust nach außen zu gehen. Alles wird ein Stück langsamer, die Bewegungen kleiner und der Blick kehrt sich nach innen. Im Nebel lernen die Sinne, den Nahbereich zu erkunden, nach innen zu hören. Der Nebel versteckt die Ferne und lehrt mir damit den Blick zu schärfen, um meine „nach innen gedrängte Welt“ ins Gebet zu nehmen. Und so dann wieder ins Weite schauen und träumen zu können.
Ihre Pfarrerin Wagner

zurück zum Seitenanfang

7.11.19

Liebe Leserin, lieber Leser,
geahnt, ja befürchtet hatte ich es schon… Doch als die Zahlen sichtbar wurden und sich zu guter Letzt sogar bewahrheitet haben, war ich erschrocken und sprachlos zu gleich. Mehr als jeder fünfte in Thüringen wählte die AfD. Sind die Ewiggestrigen, diese alten Ansichten nicht wegzubekommen? Doch wer erst dachte, es seien die Älteren gewesen, musste sich eines Besseren belehren lassen. Nicht bei den „Alten“ hat die AfD gepunktet, nein, es sind sie Jungen! Junge Menschen, die auf die Parolen und Menschenverachtenden Äußerungen hereinfallen. Protestwähler? Junge Menschen ohne Perspektive, Menschen, die sich abgehängt fühlen? Könnte man meinen. Aber das sind ja die suggestiven Formulierungen der Partei, die immer und immer wieder Gebetsmühlenartig vorgesagt wurden und werden. Und die tragen allmählich Früchte. Früchte in einem Bundesland, das mit Abstand die wenigsten Arbeitslosen in den neuen Bundesländern hat. Protest mag sein, aber ich befürchte, so wie es der Chefredakteur des ZDF (Peter Frey) sagte, wer die AfD wählte, wählte bewusst Herrn Höcke, den Brandstifter, vom rechten Rand! Für mich besorgniserregend, gerade auch im Blick auf unsere Geschichte und vor allem im Blick, auf den kommenden Samstag, den 9. November. Auch damals 1938 zeigten die Parolen und Hetzkampagnen ihre Wirkungen. Viele machten mit, aber noch mehr schauten weg und schwiegen verschämt… Aber es gab, wenn auch nur wenige Menschen, die im Stillen, oft ihr eigenes Leben riskierend, jüdischen Menschen Schutz und Hilfe gaben…
Was ist los mit unserem Land? Warum fallen Menschen immer und immer wieder auf diese menschenverachtenden Parolen herein? Der Anschlag in Halle auf die dortige Synagoge, hat gezeigt, wie viel Hass und Verblendung immer noch da ist. Wie viele Vorurteile immer noch vorhanden sind!
Was ist los mit unserer Welt, die sich in vielen Ländern so reaktionär und nationalistisch zeigt.
Hatten wir das nicht alles schon hinter uns geahnt?
Die Geschichte lehrt uns immer wieder wachsam zu sein. Wachsam sein bedeutet auch, die Hintergründe genau zu analysieren und nach Lösungen Ausschau halten. Die Bewertungen, die ich oft genug höre (in Bezug auf die AfD im Osten), geben dem Recht. Wer mit wachen Verstand und klarem Auge hinsieht, weiß, dass ist kein ostdeutsches Problem! Denn die wichtigen Vertreter der AfD kommen gar nicht aus dem Osten; sie sind leider “Importware“ aus den alten Bundesländern.
Was ich damit sagen möchte: Es geht darum, das wir  alle in unserem Land, das seit 30 Jahren wieder vereint ist, auch in den Köpfen und im realen Leben zusammenwachsen. Dass wir alle mitgestalten und nicht gestalten lassen. Dazu gehört sich immer wieder in Politik und Gesellschaft zu engagieren. Ebenso den Mund und die Augen nicht vor Unrecht und Diskriminierung zu verschließen. Es braucht aktiven Protest, der bereit ist, an Veränderungen für unsere Demokratie mitzuarbeiten!
Protestwahlen sind der falsche Weg. Denn irgendwann gehen diese nach hinten los – und dann will es niemand gewesen sein oder gewusst haben. Und auch das hatten wir schon einmal.
Der 9. November ist in Deutschland ein Datum mit zwei unterschiedlichen Gesichtern, und  zeigt es noch bis heute, wozu wir in der Lage sind.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

31.10.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Ich liebe Bilderbücher! Das neuste Bilderbuch in meinem Regal heißt Purzelbäume für den lieben Gott: Die Tiere erfahren, dass der liebe Gott zu Besuch kommt. Voller Aufregung beginnt jedes Tier sich auf den Besuch des lieben Gottes vorzubereiten. So werden die unterschiedlichsten Kunststücke einstudiert, um Gott zu beeindrucken. Den ganzen Tag wird geübt, nur die Eule bleibt ruhig auf ihren Platz und beobachtet das Treiben. Am Abend dann die Enttäuschung: Wo war nun der liebe Gott? Hatte man ihn verpasst? Da meldet sich die Eule zu Wort: „Wisst ihr, der liebe Gott braucht gar nicht zu kommen, er ist immer da. Und er mag uns so wie wir sind, egal, ob wir groß oder klein sind. Egal, ob wir etwas Besonderes machen oder ein tolles Kunststück können.“ Und die Tiere saßen noch lange beieinander und es war, als sei der liebe Gott – jetzt in diesem Augenblick – da.
Für mich eine wunderschöne Geschichte, die zum Reformationsfest passt, das wir am 31.Oktober feiern. Denn die Geschichte erzählt auf ganz einfach Weise die Rechtfertigungslehre: Vor Gott sind wir so geliebt wie wir sind, allein aus Gnade!
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner
zurück zum Seitenanfang

24.10.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
„Herr Pfarrer, ich mache mir solche Sorgen. Ich mag schon gar keine Nachrichten sehen oder hören! Alles ist so schlimm!“
Es waren wirklich Worte voller Verzweiflung und Sorge. Mir geht es ja auch oft so, wenn ich die Nachrichten am Abend verfolge. Gute Meldungen gibt es gefühlt im Moment überhaupt nicht mehr. Korruption, Lug und Trug, Macht und Gewalt, überall auf der Welt. Eine Welt außer Rand und Band!
Da wachsen die Sorgen! Wohin mit ihnen? Jesus meinte, wir sollten uns keine Sorgen machen (u.a. in Matthäus 6, 25-34). Aber ist das so einfach?
Natürlich machen wir uns Sorgen und müssen das auch. Der Frieden in der Welt besorgt uns manchmal, der Zustand der Schöpfung auch. Über die Gesundheit, die eigene oder die anderer, machen wir uns Sorgen und sollen das auch. Ob unsere Freunde, unsere Kinder und Enkel das Leben bestehen werden, ist manchmal ein Grund zur Sorge… Und dann denke ich: Niemals würde Jesus uns das ausreden wollen, warum auch. Jesus selbst weint aus Sorge um Menschen und um die Stadt Jerusalem. Jesus sorgt sich auch, ob Menschen dem Frieden dienen oder nur den eigenen Zwecken. Sorgenfrei leben ist eine, oft gefährliche, Illusion. Und Illusionen sind das Letzte, was man Jesus nachsagen kann. Er wollte etwas anderes. Bei allem Sorgen sollen wir den einen Hauch Gelassenheit nie verlieren; d.h. für mich auch gelassen auf Gott zu schauen…
Diesen Hauch kannte Helmut Schön, der in diesem Jahr 104 Jahre alt würde. Helmut Schön, geboren in Sachsen, gestorben 1996 in Wiesbaden, wurde berühmt als Bundestrainer der Nationalmannschaft im Fußball, bisher der erfolgreichste. Er wurde mit seinen Mannschaften Europameister (1972) und Weltmeister (1974), Letzteres im eigenen Land. Bei allen Sorgen, die er sich sicher machen musste, hatte er aber auch diesen Hauch Gelassenheit, der aus einem verbissenen Menschen einen freundlichen Menschen macht. Er sagte manchmal: „Ein guter Zweiter ist besser als ein schlechter Erster.“ So darf man auch denken. Es wird einem gut bekommen.
Die Sorge soll uns nicht zerbeißen, hofft Jesus. Sorgen sollen nie so groß werden, dass wir dabei verbittern oder missmutig werden. In jede Sorge, auch in die Größte, sollen wir diesen einen Hauch Gelassenheit mischen, der uns guttut. Das ist nicht so schwer, wie es vielleicht klingt. Es kommt nur darauf an, dass wir jede Sorge genau betrachten und dann besser erkennen, was wir selbst ändern können und was nicht – und wo wir uns Hilfe suchen können. Wenn das gründlich überlegt ist mit Freunden und im Gebet, bleibt noch der Gedanke von Helmut Schön. In meinen Worten heißt der: Ich kann nicht alles lösen. Gott will nicht meine Erfolge, sondern meine Mühe. Zuletzt sorgt er ja für mich. Seine Sorge wird mein Gewinn.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel

zurück zum Seitenanfang

17.10.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Jesus war einer, Paulus auch und die ersten Jünger sowieso. Klar, ein Jude! Nein, so klar war dies in der 2000-jährigen Geschichte der Kirche leider nicht immer! Da vergaß oder verdrängte man, dass es das Christentum ohne das Judentum gar nicht gäbe, dass zwei Drittel der christlichen Bibel die Heilige Schrift des Judentums ausmachen, dass Christen die Sieben-Tage-Woche, den Gottesdienst mit Psalmen, Lesungen und Gebeten, das Festjahr nicht kennen würden, wenn es das Judentum nicht gäbe.
Voller Entsetzen war ich, als ich von dem Anschlag in Halle hörte. Der Anschlag ist aufs tiefste zu verurteilen! Mehr als 100.000 Jüdinnen und Juden leben zum Glück wieder unter uns in Deutschland. Ganz unterschiedliche, mehr oder weniger fromme, mehr oder weniger traditionelle. Jesus war einer, Paulus auch – und Ascher ist einer, Walter, Arno und Sheila auch, unsere Nachbarn in Deutschland und Geschwister im Glauben. Als Schwester stehe ich solidarisch an der Seite meiner jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

10.10.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
„Und Jesus ging weg von dort und zog sich zurück in die Gegend von Tyrus und Sidon. Und siehe, eine kanaanäische Frau kam aus diesem Gebiet und schrie: Ach Herr, du Sohn Davids, erbarme dich meiner! Meine Tochter wird von einem bösen Geist übel geplagt. Und er antwortete ihr kein Wort. Da traten seine Jünger zu ihm, baten ihn und sprachen: Lass sie doch gehen, denn sie schreit uns nach. Er antwortete aber und sprach: Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Sie aber kam und fiel vor ihm nieder und sprach: Herr, hilf mir! Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. Sie sprach: Ja, Herr; aber doch fressen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist groß. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde.“ (Matthäus 15, 21-28)
Was mich an dieser Erzählung fasziniert ist, was Klarheit des Denkens, des Glaubens und der inneren Haltung bedeuten kann. Der unbekannten Frau gelingt etwas, was uns so im Neuen Testament nicht mehr begegnet: Sie ändert Jesu Sinn, erweitert seine Grenzen. Er tritt sozusagen aus seinem Volk heraus, ohne es aber zu verlassen. Er weitet den Horizont seiner Sendung und meint nicht mehr nur Israel, sondern wird Heiland der ganzen Welt. Ein außergewöhnlicher Moment. Jesus vereint Welt und sich.
Ich erinnere mich in diesen Tagen an den Fall der Mauer vor 30 Jahren. Der Beginn der Wiedervereinigung im Oktober 1990. Erinnern Sie sich noch daran? Das Glockengeläut um Mitternacht, der Gottesdienste, des Jubels und der ausgelassenen Feuerwerksfreude in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 1990? Getrenntes wurde wieder vereinigt. Natürlich ist das kein Vergleich zur Vereinigung von Jesus und Welt, die ja auch keine „Wieder“-Vereinigung ist, sondern eigentlich ein Fallen aller Grenzen. Vom Empfinden her aber verstehen wir die Frau und fühlen mit ihr, als endlich die Grenze, die Jesus erst noch fest behauptete, in sich zusammenfällt. Hier wächst zusammen, was zusammengehört. Das empfindet Jesus, nachdem es die Frau schon lange empfunden hatte. Sie ist es, die ihm sagt, wer er ist. Gäbe es sie schon, würde Matthäus jetzt alle Glocken läuten.
Jede Vereinigung von zwangsweise Getrenntem ist ein großes Glück, ein Geschenk, eine Gnade. Es gibt so unendlich viele Grenzen in der Welt, sichtbare und unsichtbare; Grenzen zwischen Ländern und Völkern und oft ziemlich enge Grenzen in unseren Köpfen. Manche sind hilfreich und verdienen unseren Respekt und unser Taktgefühl. Manche verdienten es, dass man Menschen gelegentlich an sie erinnert. Dann aber gibt es vermutlich noch mehr Grenzen, die tun denen nur weh, die daran stoßen. Einsichtig sind sie, bei genauem Nachdenken, schon lange nicht mehr. Wer, mal ehrlich, wer außer den meist katholischen Kirchenführern versteht noch die Trennung von evangelisch und katholisch? Zu welcher Konfession hält sich der Heiland? Schon wer die Frage so stellt, muss darüber lächeln. Natürlich gehört der Heiland zu keiner Konfession. Vielleicht lächelt er über uns und wartet nur darauf, bis eine oder einer wie in der Geschichte des Matthäus zu ihm kommt und bittet: Erweise dich als der, der du bist; reiche deine Hände beiden Konfessionen, damit sie eins seien.
In diesem Sinne feierten wir einen ersten ökumenischen Erntedankgottesdienst in Stockstadt und in diesem Sinne werden weitere gemeinsame Gottesdienste von uns gefeiert werden – ob in Kleinostheim, Stockstadt oder Mainaschaff.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

10.10.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn. Drum dankt ihm dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn.“ Dieses Lied erklingt zum Erntedankfest in vielen unserer Kirchen. Dazu ist der Altar meist mit bunten Früchten und duftenden Herbstblumen geschmückt. Und von der Decke hängt die Erntekrone aus verschiedenen Getreidearten.
Die Krone ist ein Symbol der Macht und der Kranz steht als Zeichen für die Ewigkeit, ohne Anfang und Ende. Gab Gott doch Noah das Versprechen: „Solange die Erde steht, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Dieses Versprechen ist ein Grund zum Danken und gleichzeitig ist die Noah-Geschichte eine Erinnerung an unsere Macht der Verantwortung. Eine Erinnerung daran, mit der Erde und ihren Gaben verantwortlich zu haushalten.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

26.09.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
ja, Engel haben Hochkonjunktur. Überall kann man sie antreffen, in Buchläden, in Geschäften mit Dekorationsartikeln, Kalender und und und.
Am kommenden Sonntag (29. September) wird genau seit 50 Jahren der drei Erzengel Michael, Gabriel und Raphael gemeinsam gedacht. In der katholischen Kirche ist das Fest ein besonderes Fest, in der evangelischen Kirche wird es bestenfalls dann begangen, wenn es auf einem Sonntag liegt. Im Perikopenbuch (Gottesdienstbuch) finden wir dazu Handreichungen. Dabei ist es ein schöner Anlass, einmal darauf hinzuweisen, welch hohe Bedeutung Engel haben: in der Bibel und über die Zeiten hinweg bis in unsere Tage.
Wenn in den Taufgottesdiensten vor der Taufe der Taufspruch verlesen wird, fällt auf, dass „Spitzenreiter“ Psalm 91,11 ist: „Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“
Engel haben Hochkonjunktur, Schutzengel allemal. Auch Martin Luther hat darauf vertraut. Seinen Morgensegen und seinen Abendsegen beendet er mit der Bitte: „Dein heiliger Engel sei mit mir, dass der böse Feind keine Macht an mir finde.“ Er traut dem Engel zu, dass er eine Verbindung zwischen Gott und den Menschen herstellt.
Freilich ist es auch gut, sich näher mit dem 91. Psalm zu beschäftigen. Er ist ein Zufluchtspsalm. Der Psalmbeter steht mit beiden Beinen im Leben. Er kennt es, wenn die Nacht zu einer schlaflosen Nacht wird. Er hat die Erfahrung gemacht, wie es ist, wenn die Nacht voller Grauen ist. Der unbekannte Beter dieses Liedes war voller Sorgen. Wie oft wird er sich schlaflos im Bett gewälzt haben. Offenbar gehörte das für ihn zum Leben dazu. Doch er weiß eben auch, dass in dieser Welt nichts an Gottes Willen vorbei geschieht. Er kennt Lebenssituationen, die auch uns geläufig sind.
Wenn Kindern zu ihrer Taufe das Psalmwort zugesprochen wird, dann höre ich es immer als eine ganz direkte Anrede: „Aaron, Michaela, der Herr wird seinen Engeln befehlen, dich zu beschützen, wohin du auch gehst.“ Und ich wünsche mir, dass das für die Kinder, aber auch für ihre Eltern zur Lebensweisheit wird: Wir sind geborgen unter Gottes Schutz. Das ist das große Thema dieses 91. Psalms. Das immer wieder deutlich zu machen, dafür ist der Michaelistag da – mit seinen Engeln. Martin Luther hat Engel als dienstbare Geister bezeichnet. Die werden nicht angebetet. Aber man kann Gott bitten, dass er jemanden einen Engel zusendet, dass er jemanden – wie es im Psalm noch weiter heißt – auf seinen Händen trägt, damit sein Fuß nicht an einen Stein stößt.
Gebet: Gott, du sagst uns zu, dass du uns nicht allein lässt. Du sendest uns an jedem Tag einen Engel. Darum bitten wir dich: Dein heiliger Engel sei mit uns, dass der böse Feind keine Macht an uns finde.
In diesem Sinn bleiben Sie behütet!
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

19.09.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
die Schule hat wieder begonnen. Auch ich bin wieder regelmäßig an der Grundschule. Wenn der Pausengong ertönt, stürmen die Kinder auf den Pausenhof. Jedes scheint zu wissen, wo es hin will. Ich sehe fröhliche Kinder, aber auch solche, die sich niedergeschlagen an einen einsamen Ort zurückziehen. Ich sehe glückliche, gleichgültige, traurige, jubelnde und verärgerte Kinder. Hier unterstützen sich die Kinder beim Seilspringen, dort gehen zwei aufeinander los und kämpfen um einen Ball. Manche müssen getröstet werden. Die Pausenaufsicht gibt sich alle Mühe für alle da zu sein und passt auf, dass kein Streit eskaliert.
Lachen und Weinen, Hoffnung und Angst, Freude und Wut, Verlieren und Wiederfinden: Das ganze Leben ist auf dem Schulhof zu entdecken. Alles hat dort seinen Ort. Alles hat dort seine Zeit. Oder um es mit Worten aus der Bibel zusagen: „Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde“. Die Weisheit des Predigerbuches zeigt sich für mich verdichtet auf dem Schulhof. Alles hat seine Zeit und gehört zum Leben dazu, ob Lachen und Weinen, Hoffnung und Angst, Freude und Wut, Verlieren und Wiederfinden.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner
zurück zum Seitenanfang

12.09.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
das kennen Sie sicherlich auch. Ich meine die lästige und aufreibende Suche nach einem verlorenen Gegenstand. Erst kürzlich war es bei mir mal wieder so weit. Ich vermisste ein bestimmtes Buch. Stöberte in sämtlichen Regalen. Ertappte mich dabei, dass ich zwischenzeitlich mit mir selbst sprach: „Mensch, das Buch muss doch da sein!“ Aber es war nicht da, aller Mühe zum Trotz. Nach langer Zeit entdeckte ich es dann aber doch noch, und zwar an einer Stelle, wo ich es nie vermutet hätte. Da machte das Herz tatsächlich so etwas wie einen kleinen Freudensprung.
Nach einem verlorenen Gegenstand zu suchen, das nervt. Aber die Wiedersehensfreude ist dann umso schöner. Jesus hat diese Freude in seinen Erzählungen öfter zum Thema gemacht. Im Gleichnis vom verlorenen Schaf. Im Gleichnis vom verlorenen Groschen. Und schließlich, das bekannteste Beispiel, im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Ich beschränke mich heute einmal auf die Geschichte vom Groschen (Lukas 15, 8-10):
Oder welche Frau, die zehn Silbergroschen hat und einen davon verliert, zündet nicht ein Licht an und kehrt das Haus und sucht mit Fleiß, bis sie ihn findet? Und wenn sie ihn gefunden hat, ruft sie ihre Freundinnen und Nachbarinnen und spricht: Freut euch mit mir; denn ich habe meinen Silbergroschen gefunden, den ich verloren hatte. So, sage ich euch, wird Freude sein vor den Engeln Gottes über einen Sünder, der Buße tut.
Die Frau lässt nichts unversucht, um den Groschen wiederzufinden. Sie stellt das ganze Haus auf den Kopf. Sie fegt sogar den Fußboden. Schließlich mit Erfolg. Grund genug für sie, ihre Freundinnen einzuladen. Dass sie durch deren Bewirtung am Ende wohl viel mehr ausgibt als den einen Groschen, ist ihr nicht von Bedeutung. Ihre Freude über das wiedergefundene Geldstück ist viel zu groß, um sie für sich allein zu behalten. Wie der Volksmund sagt: Geteilte Freude ist doppelte Freude.
Bei den Gleichnissen Jesu finde ich immer wieder bemerkenswert, wie oft es um Freude geht. Wie oft es in ihnen ums Lachen und Feiern geht. Umgekehrt fällt mir auf, dass Jesu Gegner in den Evangelien nie lachen. Ihre Frömmigkeit ist eher finster, ernst und streng. Sie lässt kaum Platz zum Atmen. Sie grenzt Andersdenkende aus. Bei Jesus ist die Atmosphäre heller, wärmer und einladender. Engstirnigkeit und Selbstgerechtigkeit sind ihm fremd. Bei ihm ist gut sein, auch für die Unangepassten und Verlorenen, die Zweifler und Sünder. Ich wünsche mir, dass unsere Kirchen und Gemeinden etwas von diesem Geist in sich tragen und ausstrahlen. Wenn das der Fall ist, dann sind sie auf dem rechten Weg.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

05.09.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Geh aus mein Herz und suche Freud“ – so singe ich im Sommer oft mit Paul Gerhardt. Mit diesem Lied kann ich Gottes Schöpfung aus vollem Herzen loben. In den gesungenen Bildern sehe ich die ganze Schönheit der Schöpfung vor Augen. Gleichzeitig wird mir aber auch bewusst wie fragil unsere Schöpfung ist.
Die Bewahrung der Schöpfung ist nicht nur durch die Demonstrationen von Fridays for Future, die jetzt in einem Sommerkongress verschiedene Workshops anbieten, in aller Mund.
Nicht nur sich in die Luft schwingende Lerchen und im vollen Laub stehende Bäume oder die „unverdrossene Bienenschar“ sind Schöpfung, auch wir Menschen sind Teil der Schöpfung. Und der Schöpfungsberichte im Alten Testament sagt es deutlich: Wir sind Mitgeschöpf und dabei von Gott mit einer verantwortungsvollen Aufgabe versehen worden. Wir dürfen mit unseren Mitgeschöpfen leben und arbeiten, wie es in der Bibel steht: „bebauen und bewahren“. Wir haben ein Nutzungsrecht an der Mitschöpfung, aber auch die Verpflichtung bekommen, die Hüter unserer Schöpfung zu sein. Eine große Aufgabe, der ich mir immer wieder im Öffentlichen und im Privaten bewusst sein möchte und meinen Teil zum Bewahrung der Schöpfung dazu tun möchte.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner
zurück zum Seitenanfang

29.08.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Manchmal erscheint das Leben als Unglück. Dann ist nur Not – oder Menschen sehen nur Not. Man wird krank, kommt ins Krankenhaus, vielleicht völlig unerwartet. Oder es gibt Streit in der Familie, der nicht einfach zu lösen oder zu versöhnen ist. Mitunter gibt es Sorgen wegen der Kinder oder der alten Eltern. Der Himmel ist dann grau bis düster. Wie können wir leben mit den Schmerzen und den Sorgen? Im vorigen Jahr traf es eine Familie in Kalifornien in den USA.
Das Ehepaar Rao hatte mal eben das Haus verlassen. In der Gegend waren Buschfeuer und Waldbrände, wie sie in trockenen Zeiten leider häufig vorkommen. Das Paar musste aber einige Besorgungen machen. Es hatte kurz alles stehen und liegen gelassen für vielleicht eine Stunde, dachten sie. Als sie sich wieder auf den Heimweg gemacht hatten und vor ihrem Haus ankamen, standen sie vor den Resten ihres abgebrannten Hauses.
Aber da war doch noch etwas, dachte die Frau nach einigen Tagen schwerster Trauer. Der Ehering. Sie hatte ihn kurz vor dem Verlassen des Hauses ausgezogen. Der muss doch noch irgendwo sein? Mit ihrem Mann machte sie sich auf und suchte in den Trümmern. Und tatsächlich, nach einiger Zeit fanden sie den Ring. Der Ring mit einem ovalen, gelben Diamanten.
Und dann geschieht, was man einen Wink des Himmels nennen kann. Der Ehemann geht spontan mit dem verbrannten Schmuckstück auf die Knie, sagt Herr Rao einer Nachrichtenagentur. Er macht seiner Frau, die er erst ein halbes Jahr zuvor geheiratet hatte, einen weiteren Heiratsantrag. Und sagt: „Es sollte nur eine kleine Albernheit sein, um sie zum Lächeln zu bringen.“ Aber schon bald, bei vielen Tränen, ahnen sie, dass hier mehr geschehen ist als eine Albernheit. Sie geben sich spontan ein Zeichen des Zusammenhaltens. Gemeinsam wollen sie das Schwere bestehen.
Es gibt solche Winke des Himmels. Ich glaube sogar, es gibt sie immer, in allem Schweren. Wir können uns oft nicht erklären, warum das Schwere und Bedrückende sein muss. Immer wieder aber erkennen Menschen auch, dass es Hilfe gibt, Stärkung, Trost. Kleine Winke des Himmels also. Mit ihnen erinnert Gott an sich und bittet uns um unsere Treue zu ihm. Im Alten Testament unserer Bibel klingt Treue zu Gott so:
Dennoch bleibe ich stets an dir, Gott, denn du hältst mich bei meiner rechten Hand.
Wir sollten also nicht nur klagen, so verständlich unser Klagen oft ist. Wir sollten auch fragen und suchen: Wo und wie hält mich Gott bei meiner rechten Hand? Wer sich dies fragt und sucht, wird kleine Winke des Himmels finden, glaube ich. Und kann, bei allem Schmerz, auch wieder Worte des Dankes finden.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

22.08.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
ich mag den Monat August. Es ist der Monat, in dem doch alles etwas langsamer geht und viele im Urlaub sind. Daher ist es auch so, das was geschäftlich vor August nicht mehr erledigt werden konnte, meist Zeit bis September hat. Und so kann man es dem Fischer aus der Geschichte nach Heinrich Böll nachtun:
In einem Hafen liegt ein ärmlich gekleideter Mann in seinem Fischerboot und döst. Ein Tourist kommt hinzu und spricht ihn an: „Sie werden heute einen guten Fang machen.“ Kopfschütteln der Fischers. „Aber man hat mir gesagt, dass das Wetter günstig ist.“ Kopfnicken des Fischers. „Sie werden nicht mehr ausfahren?“ Die Knappe Antwort: „Ich bin heute Morgen schon ausgefahren.“ „Aber, wenn Sie heute ein zweites, ein drittes, vielleicht sogar ein viertes Mal ausführen, würden Sie drei, vier, fünf, vielleicht sogar Dutzend Makrelen fangen!“ Der Fischer nickte. „Sie würden“, fährt der Tourist fort, nicht nur heute, sondern an jedem günstigen Tag zwei-, dreimal, vielleicht viermal ausfahren – wissen Sie, was geschehen würde?“ Der Fischer schüttelte den Kopf. „In einem Jahr könnten Sie einen Motor kaufen, in drei oder vier Jahren vielleicht einen kleinen Kutter haben, ein Kühlhaus bauen, vielleicht eine Räucherei – und, und, und…“ „Dann“ kommt er mit Begeisterung zum Ende, „dann könnten Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne dösen – und auf das herrliche Meer blicken.“ „Das tu‘ ich ja schon jetzt“, sagt der Fischer und schließt langsam wieder die Augen.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner
zurück zum Seitenanfang

15.08.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Nicht nur in Italien ist der 15. August, „Ferragosto“, ein gesetzlicher Feiertag. Auch hier bei uns in Bayern. Unsere katholischen Geschwister gedenken Mariä Himmelfahrt, feiern das Fest der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel. Papst Pius XII. hat sie 1950 als Dogma der katholischen Kirche verkündet. Zum Ausdruck kommt darin, dass Maria „nach Beendigung ihres irdischen Lebens in den Zustand gelangt ist, in den die übrigen Gläubigen erst nach der Auferstehung am Jüngsten Tag kommen werden.“ – Maria, die treue Magd, die den Worten des Engels vertraute, der ihr die Schwangerschaft mit dem Sohn des Höchsten ankündigte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“ (Lukas 1,38)
Für uns als evangelische Christen klingt zumindest das Dogma von Papst Pius XII. sehr fremd. Auch der Feiertag berührt uns nicht.
Aber die Person der Maria und das Zitat aus dem Lukasevangelium lassen mich innehalten. Martin Luther hat viel über Maria geschrieben, in warmen und herzlichen Worte. Galt sie ihm doch als ein großes Vorbild im Glauben.
Zu Gottes Plan und Willen Ja sagen, bereit sein, den Augenblick erkennen – darum geht es auch im 12. Kapitel bei Lukas. Es geht um Treue zu dem Auftrag, den Gott einem jeden, einer jeden von uns gibt. Dass wir treue und kluge Verwalter sind, die andere Menschen freundlich, mit Anstand behandeln, niemandem die Liebe und Hilfe verweigern. Und dass wir bereit sind, wenn es so weit ist, dass der Herr an unsere Tür klopft. Auf wievielerlei Weise kann und wird das geschehen! – und doch wohl in dem, was wir „Alltag“ nennen. Einer, der vor Jahren ohne Geld quer durch Deutschland wanderte, Michael Holzach, hat das anschaulich beschrieben. Er kommt spätabends in eine kleine Stadt, hungrig und müde klopft er an die Tür des Pfarrhauses. Der Pfarrer ist ungehalten, will in seinem Feierabend nicht gestört werden, jagt den Bittsteller mit barschen Worten von der Tür weg. Und Holzach ruft ihm zu: „Was ist, wenn ich der Heiland bin?“
Das meint wohl Lukas, wenn er sagt, es sei gut, dass wir weder Tag noch Stunde wissen, wo uns Gott, wo uns Christus begegnet im Angesicht eines Menschen, der uns braucht. Mag auch sein, dass es sich um ein Tier handelt, ein Mitgeschöpf, das auf unsere Barmherzigkeit angewiesen ist: „Der Gerechte erbarmt sich seines Viehs!“
Alles sehnt sich nach Liebe und Wertschätzung. Lukas verschweigt dabei nicht den hohen Anspruch, den Gott an uns Gläubige hat: Ihr müsst es wissen! Euch ist viel gegeben und anvertraut. Darum steht ihr in ganz anderer Weise in der Pflicht. Seid wachsam, seid aufmerksam, seid treu als freundliche Menschen. Sagt Ja zu dem Engel, der zu euch spricht: Gott braucht dich – jetzt!
In diesem Sinne wünsche ich unseren katholischen Geschwistern einen gesegneten Feiertag!
Ihr/euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

08.08.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
„So ein Quatsch!“ – Unsere Kinderkirche war Anfang der Sommerferien gemeinsam im Wald unterwegs. Auf unserem Weg haben wir so einiges erlebt: Es wurde auf dem Hosenboden einen Abhang heruntergerutscht, mit samt den Schuhen in den Bach gesprungen und einige Kinder sind beim Toben im Matsch gelandet. Zwischendrin kam es mir da über die Lippen: „So ein Quatsch!“
„Quatsch!“ Für viele Menschen ist das der Innbegriff des Sinnlosen. Quatsch eben! Die Kinder haben etlichen Quatsch gemacht und ich erinnere mich, welchen Quatsch ich in meiner Kindheit gemacht habe: im Sandkasten haben wir irgendwann Unkraut zum Ärgernis meiner Mama angebaut und bei so manchen Wasserspielen die ganze Terrasse geflutet. Quatsch machen, das war gemeinsam am schönsten und wenn sich andere darüber aufregten, umso schöner. Lange ist das her! Zum Erwachsenen-Sein gehört Quatsch-Machen nicht dazu. Wäre auch irgendwie peinlich. Aber vielleicht braucht es manchmal das Beobachten von Kindern, die einfach Quatsch-Machen. Etwas Sinnloses tun, einfach, weil das Leben so schön ist.
Alles Quatsch? Mag sein! Jesus sagt: Wer das Reich Gottes nicht versteht wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.

Schöne Sommerferien
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

01.08.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Esther nimmt den Esslöffel und schiebt das Chili con Carne im Teller herum. Sie sitzt allein in der Küche, der Vater ist noch auf der Arbeit und kommt erst spät am Abend nach Hause. Tags zuvor hatten beide besprochen, was zu essen auf den Tisch kommen soll, wenn sie aus der Schule zurück ist: Etwas, das schnell geht und gut schmeckt. „Chili con Carne“, hat Esther gesagt, „das ist lecker“.
Nun steht der Teller mit dem Chili vor ihr. Doch Esther hat keinen Appetit. Sie steht auf, greift nach einer Illustrierten, liest. Nebenbei dreht sie den Löffel herum, probiert, legt den Löffel aber wieder hin. Sie fühlt sich nicht gut, es ist leer um sie herum. Es schmeckt ihr einfach nicht. Dabei hat sie den ganzen Tag kaum etwas gegessen, hatte Hunger und sich auf das Chili gefreut.
Hunger ist ein körperliches Gefühl. Hunger meldet sich, baut sich auf und kann immer wilder in mir toben. Hunger vergeht, wenn ich zu essen bekomme. Mit dem Appetit ist das schon eine andere Sache. Da geht es weniger um ein körperliches Erleben, sondern um eine seelische Wahrnehmung. Verspüre ich keinen Appetit, fehlt nicht die Nahrung, sondern etwas anderes. Esther, die Jugendliche in meinem Eingangsbeispiel, fühlt sich einsam, ihr fehlt die äußere Gegenwart des Vaters. Auch wenn sie sich seine Nähe vorstellen kann, sie vermisst ihn in ihrem Herzen.
Keinen Appetit zu verspüren, davon haben mir immer wieder auch Patienten erzählt, die ich als Pfarrer im Krankenhaus besucht habe. Das Essen wird mit einem freundlichen Blick gebracht. Die Patienten heben gespannt den Deckel vom Teller und sind dann doch irgendwie enttäuscht, woraus die Mahlzeit besteht. „Ach, ich habe keinen Appetit“, sagen sie, „ich esse später.“ Im weiteren Gespräch haben die Betroffenen oft darüber gesprochen, dass sie innerlich nicht satt werden. Ihnen fehlt Nahrung für die Seele. Ähnlich habe ich es als Seelsorger in der JAA erlebt. Zwar mussten die Jugendlichen ihr Essen selber holen, aber dann stand es oft länger in der Zelle. Ich habe keinen Hunger, hörte ich dann oft. Manchmal holte ich mir dann auch etwas zum Essen und habe mich einfach dazu gesetzt… dann kam doch der Hunger…
Keinen Appetit zu haben, dieses Gefühl scheint Jesus zu kennen, wenn er sich seinen Jüngern vorstellt mit den Worten: „Ich bin das Brot des Lebens.“ (Johannes 6,35) Er sagt ihnen und mir zu, dass er für uns da ist, das tägliche Brot ist für meine Seele. Ich soll satt werden und nicht immer und immer an der Frage herumkauen, wozu das gut ist, was mir im Leben vor die Füße gelegt ist.
Jesus ist das Brot des Lebens, das kann zu einer inneren Kraft werden, mit der ich das Leben bestehen kann, so wie es mir eben gerade entgegenkommt. Vielleicht bin ich voller Sorge, wie sich die Krankheit entwickelt, die mich plagt. Ich frage mich, wie ich mit ihr umgehen kann. Jesus, Brot des Lebens – auch für Esther mit ihren Fragen. Sie muss mit einer ganz anderen Lebenssituation zurechtkommen. Sie sehnt sich nach Gemeinschaft und spürt in der Tiefe doch, dass einer da ist, der für sie sorgt und sie nährt.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

25.07.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

ab Freitag starten endlich wieder die Sommerferien. Viele Familien machen sich dann in den kommenden sechs Wochen auf den Weg in den Urlaub. Das Wort „Urlaub“ stammt von dem Wort „erlauben“. Urlaub ist die zeitweilige Freistellung von der Schule und Arbeit. Wer Urlaub macht, hat also die Erlaubnis, wegzugehen und auszusteigen aus den manchmal mühseligen und belastenden Alltagsgeschäften.
Da stellt sich mir die Frage: Was erlaube ich mir selbst in den Tagen, in denen ich freigestellt bin?
Ein Sprichwort besagt: „Schildkröten können mehr über den Weg erzählen als Hasen.“ Vielleicht muss ich mir daher im Urlaub einfach erlauben einmal langsam zu sein! Leben, ohne ständig auf die Uhr zu schielen; innehalten, bewusst die Umwelt wahrnehmen und wieder das Staunen lernen. Einfach in den Tag bummeln.

In diesem Sinne wünsche ich schöne Ferien und einen erholsamen Urlaub.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

18.07.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
in unserer Zeit scheint es so, als ob alle Menschen viel zu sagen haben. Man schreibt tweets in alle Welt und postet Bilder, uploadet YouTubes und bedient followers (natürlich auch Kolumnen). Jede und jeder will möglichst öffentlichkeitswirksam etwas sagen, will seine Meinung mitteilen, will Fakten schaffen (selbst mit fake news) und Geld mit Einflussnahme (influenzer) machen.
Als zertifizierter Kommunikationstrainer halte ich viele Kurse mit unterschiedlichen Menschen. Ein Problem, das nicht nur mir immer häufiger dabei auffällt: Kaum noch jemand kann zuhören. Will vielleicht auch zuhören. Und zwar zuhören um zu verstehen, und nicht um dagegen zuschießen. Dabei beginnt ein vernünftiger und gelingender Umgang miteinander nur, wenn wir uns um Verstehen bemühen. Und alles Verstehen beginnt mit dem Hören.
Hören ist aber schwer. Wir lernen es nicht in der Schule. Dort wird Gehorsam erwartet, wozu es ein Machtgefüge braucht. Später kommt hinzu, dass wir geschult werden zu Rednern zu werden. Wir halten Referate und lernen Argumentieren, wir schreiben Erörterungen und sammeln Argumente, wir lernen zu diskutieren um Recht zu behalten. Nur das Zuhören, das erklärt uns niemand, und keiner übt es mit uns ein. Und dann wundern wir uns warum es so viel Streit und Missverständnisse und Parteiungen unter den Menschen gibt.
Eine zweite Fehlhaltung, die mir immer wieder begegnet ist die Annahme, dass ich jemandem oder etwas zustimme, wenn ich ihn oder es verstehe. NEIN! Verstehen heißt nicht zugleich zuzustimmen, sondern erst einmal anzufangen mit einer eventuellen "Auseinandersetzung". Denn diese braucht ja auch erst einmal das Verstehen. Wir sagen im Bild: Zuerst muss ich die Mauer kennen, die in die Freiheit führt, bevor ich meine Leiter anstelle.
Deshalb brauche ich zum Verstehen vorher das Hören. Und hören will nicht nur gelernt sein, es kann nur gelingen, wenn es trainiert wird. Kleinkinder sind die Meister darin, denn sie können noch nicht sprechen und erfassen die Welt über das Hören (und Erfühlen).
Die perfekte Anwendung für Hören und Verstehen habe ich in der Ökumene gelernt, als Vorsitzender einer großen Stadt-ACK, der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Ein Dutzend unterschiedlicher christlicher Kirchen kam da zusammen und jede dieser Gruppen brachte ihre Kirchengeschichte, ihre Traditionen und Frömmigkeiten, ihre Grundsätze und Dogmen mit. Die allerwichtigste Aufgabe, bevor man anfangen konnte zu arbeiten, gemeinsam etwas zu planen oder zu beschließen, war das Verstehen. Das gegenseitige Verstehen, das mit dem Hören aufeinander begann.
Natürlich war Allen Vieles fremd, was andere sagten, dachten oder für zwingend richtig hielten. Aber auch hier galt der Spruch des alten Indianers: Geh zwei Meilen in den Schuhen deines Bruders bevor Du über ihn etwas sagst. Es war wichtig, eine orthodoxe Wassersegnung zu erleben und dann darüber ins Gespräch zu kommen. Es war wichtig einen katholischen Gottesdienst nach byzantinischem, Ritus mitzuerleben, und sich dann darüber auszutauschen. Verstehen gelingt nicht durch aufgeschnappte Vorurteile, auch nicht durch Angelesenes und nicht dadurch, dass man aus der Ferne darüber redet. Hingehen und sehen und erleben und dann zusammensetzen. Das war der Weg. Hören und zuhören und aufhorchen. Damit beginnt verstehen.
So wichtig wie es ist, das Klima zu retten, so wichtig ist es für das Zusammenleben der Menschen auf der Welt, dass wir das Hören lernen um Verstehen zu können. Es würde Kriege verhindern und Hass und Parteiungen stoppen, Vorurteile abbauen und Fakenews entlarven, Frieden stiften und der Gerechtigkeit helfen. Welch eine schöne christliche Aussicht! Ich halte Ausschau danach, und arbeite dafür.
Joachim Pennig


zurück zum Seitenanfang

11.07.2019

Liebe Leserin lieber Leser,
jedes Jahr, wenn die Temperaturen steigen, ziehen wir los in den Biergarten, zum Vereinsfest und zu den unterschiedlichen Sommerfesten. Es ist Sommerzeit und damit auch Festzeit!
Den Alltag verlassen und für einige Stunden Musik hören, den Aufführungen zuschauen und Menschen treffen. Den gewohnten Rahmen verlassen, um im Zelten meist in Hitze und Staub zu essen und zu trinken. Und natürlich, zu lauschen, zu singen, vielleicht auch bei dem ein oder anderen Fest zu tanzen. Zu leben und zu feiern – den Alltag und die Sorgen für einige Stunden loszulassen und den Tag zu genießen. Zu Feiern gehört wie der Alltag zu unserem Leben dazu, dass weiß auch schon die Bibel: Schon im Alten Testament hat Gott angeordnet, dass sein Volk mehrere Feste im Jahr feiern soll - ausgelassen und fröhlich. Im Neuen Testament setzt Jesus das fort: sein erstes Wunder ist ein «Luxus-Wunder»: für eine große Hochzeitsgesellschaft, an der er mit seinen Jüngern teilnahm, machte er aus Wasser ein paar hundert Liter besten Wein.
In diesem Sinne herzliche Einladung zu unseren Gemeindefesten am Sonntag den 14.7 in Stockstadt und am 21.7 in Kleinostheim.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

04.07.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Neulich erlebte einer etwas, davon erzählt er so:
Es ist viel Lärm vor dem Bahnhof. Trotzdem höre ich ihn heraus. Ein etwa achtjähriger Junge mit weißer Haut und in Sandalen. Sie klatschen auf den Boden bei jedem Schritt, den er macht. Jetzt wird er schneller und schneller. Er läuft mit seinem Rucksack quer über den Platz. Ihm entgegen läuft ein anderer Junge, der hat schwarze Haut. Auch mit Sandalen, auch mit viel Klatschen auf den Boden. Die beiden Jungen treffen sich, fallen sich um den Hals, und der Junge mit der weißen Haut ruft: „Mein Bruder!“ So einfach ist das.
Und Jesus hätte seine Freude daran gehabt. Gleichgültig sind hier die Hautfarben, die Frisuren, die Kleidung. Einfach nur: Mein Bruder! Vielleicht auch: „Meine Schwester“, wenn zwei Mädchen sich wiederfinden. Wir sind Kinder des eines Vaters im Himmel. Könnte man denken. Denkt man aber oft nicht, leider. Dann gibt es hundert Unterschiede und Verdächtigungen. Dann fürchtet man sich vor diesem und jenem. Natürlich ist das berechtigt. Man liest und hört manches Schlimme. Da darf man einfach nicht drüber hinwegsehen. Oft ist Vorsicht geboten.
Aber nicht immer. Bei Kindern schon gar nicht. Sie haben dieses Unbefangene, Unbeschwerte. Sie sehen dann überhaupt keine Hautfarben und keine Herkunft, sondern sie sehen die Freundschaft. Und rufen laut vor dem Bahnhof: Mein Bruder!
Jesus freut das, nehme ich an. Er hofft ja, dass wir auch unbeschwert sein können, unbefangen. Es stimmt natürlich: Je älter wir werden und je mehr wir aus der Welt erfahren, desto besorgter werden Menschen. Aber es stimmt vielleicht auch, dass wir, bei aller Sorge, immer einen Hauch mehr vertrauen können. Und den besonderen Blick haben oder uns angewöhnen; und das besondere Ohr: Vielleicht muss ich nicht so viel Furcht haben; vielleicht ist der oder die andere einfach wie mein Bruder, meine Schwester. Kinder des einen Vaters im Himmel.
Wer dazu noch etwas lesen will: Matthäus 25, 31-14!
Ihr/euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

27.06.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie Glocken läuten hören? Wohlige Tiefe, Aufstehen, Friedensgebet, Ruhestörung? Die Glocken des Gemeindezentrum Mainaschaff erklingen nach den erfolgten Reparaturen seit einigen Wochen wieder in voller Stärke und zu den verschiedenen Gebetszeiten.
Mittags, wenn ich im Büro sitze, passiert es mir manchmal, dass ich zusammenzucke, wenn die Glocken zum Friedensgebet um 12 Uhr läuten. Oft bin ich so vertieft in meine Arbeit, dass die Glocken mich wirklich aus meiner Arbeit herausreisen. Mein erster Gedanke ist dann: „Oh, so spät ist es schon!“ Und dennoch mache mich meist eine kurze Pause und halte inne.
Glocken läuten eine Pause ein. Eine kleine Auszeit von der Geschäftigkeit des Alltags. Vielleicht sogar eine kurze Auszeit von mancher Plage, von Sorgen. In diesen Minuten kann ich mich beschenken lassen in dem Bewusstsein, die Glocken sprechen für mich ein Gebet und lassen mich Luftholen.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

20.06.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Auch in diesem Jahr wurde ich wieder im Vorfeld von Fronleichnam angefragt, ob ich denn an der Prozession von St. Laurentius teilnehmen würde. Zum einen waren es interessierte und wohlwollende  Anfragen seitens von Gemeindegliedern aus beiden Kirchengemeinden; aber es gab – wenn auch nicht direkt an mich gerichtet (eigentlich schade!) auch skeptische bis ablehnende Äußerungen… Aber was verbirgt sich nun hinter diesem Fest und ist es wirklich so weit weg von uns evangelischen Christen?
In der katholischen Kirche ist Fronleichnam einer der wichtigsten Feiertage. Lange Zeit haben Protestanten an diesem Tag mit Wäschewaschen protestiert. Der Grund: Beide Konfessionen haben ein unterschiedliches Verständnis vom Abendmahl.
Martin Luther hatte für Fronleichnam kein gutes Wort übrig. Natürlich auch durch die damaligen Umstände bedingt. Er schrieb: „Ich bin keinem Fest mehr feind als diesem. Denn da tut man alle Schmach dem heiligen Sakrament, dass man's nur zum Schauspiel umträgt und eitel Abgötterei damit treibet.“ Karfreitag und Fronleichnam waren früher Kampftage der Konfessionen. Man erzählt, am Karfreitag, den manche für einen rein evangelischen Feiertag hielten, klopften Katholiken mit Karacho Teppiche. Dafür hätten sich Protestanten an Fronleichnam mit demonstrativem Wäschewaschen revanchiert.
Das Fest Fronleichnam gibt es seit dem 13. Jahrhundert. Das Wort bedeutet ursprünglich „Leib des Herrn“. Es hängt theologisch zusammen mit der so genannten Transsubstantiations-Lehre, die ein Konzil im Jahr 1215 zum Dogma erhoben hatte. Im Neuen Testament sagt Jesus beim Abendmahl über Brot und Wein: „Dies ist mein Leib. Dies ist mein Blut.“  Diese Sätze deutet das katholische Dogma so: Brot und Wein wandeln sich bei jeder Feier der Eucharistie wirklich in den Leib und das Blut Christi. Sie sind nicht mehr Brot und Wein, sondern Leib und Blut Christi.
Und somit war klar, dass keinen Tropfen von Christi Blut verschüttet werden darf.
Und Brot und Wein bleiben es nach dieser Vorstellung auch, wenn die Messe zu Ende ist. Darum trinkt der katholische Priester den Abendmahlswein bis zum letzten Tropfen und wischt den Kelch aus, damit kein Blut Christi verschüttet wird. Übrig gebliebene Hostien werden im Tabernakel verwahrt. An Fronleichnam wird die gewandelte Hostie als der Leib des Herrn in feierlichen Prozessionen durch die Straßen getragen.
Auch Martin Luther glaubte an die leibhaftige Gegenwart Christi beim Abendmahl. Doch er lehnte es ab, darüber zu spekulieren, wie sich Leib und Blut Christi dingfest machen lassen. Nach evangelischem Verständnis ist Christus beim Abendmahl „in, mit und unter Brot und Wein“ real präsent.  Seine Gegenwart ist ein Ereignis  und lässt sich nicht in Substanzen festhalten. Mit Christus verbunden zu sein, ist ein Geschehen des Glaubens. Und so darf jeder für sich ganz persönlich entscheiden, wie er Brot und Wein beim Abendmahl versteht. Auch das ist für mich persönlich eine große reformatorische Freiheit und ich bin mir sicher, Luther würde heute, im Angesicht unserer Gesellschaft und des schwindenden Glaubens, anders reden. War ihm doch der Glaube, jedes Einzelnen wichtig…
Aber letztendlich geht es um die Gegenwart Christi/Gottes Gegenwart!
Bei vielem, was Katholiken und Evangelische in der dogmatischen Lehre trennt, das haben sie gemeinsam: Den Glauben an die Verbundenheit mit Christus.
Und deshalb ist es gut, dass auch öffentlich zu zeigen und zu leben – zu demonstrieren.
Wir alle – und da spielen die Konfessionen keine Rolle – leben in einer Welt, die nicht mehr viel von Gott und Kirche hält. Manche Probleme sind hausgemacht, aber es geht um die Sache, den Glauben. Und spätesten hier sollte allen klar sein, dass konfessionelle Grabenkämpfe, religiös motivierte populistische Meinungsäußerungen in unseren Zeiten völlig fehl am Platze sind. So etwas hat in der Geschichte immer nur zu leidvollen Erfahrungen geführt, bis hin zu Mord und Totschlag…
Und darum gehe ich mit der Grundlage unseres gemeinsamen Glaubens – der Heiligen Schrift – mit am Fronleichnamstag, um gemeinsam für unseren Glauben einzutreten. Gemeinsam Zeugnis abzulegen für unseren Herrn Jesus Christus.
Dazu lade ich alle evangelischen Christen ein, um gemeinsam mit unseren Schwestern und Brüdern aus St. Laurentius die Gegenwart unseres lebendigen Gottes zu feiern und zu zeigen.
Zeigen wir, dass die Ökumene lebt! Zeigen wir, dass wir als gleichberechtige Menschen und Christen, aus St. Markus und St. Laurentius, in der Lage sind, mit ein bisschen guten Willen, die Grenzen der Konfessionen zu überwinden!
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel

zurück zum Seitenanfang

13.06.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
„Drei mal drei macht sechs“ singt Pippi Langstrumpf. Und die Mathematiklehrer schlagen die Hände über dem Kopf zusammen. Ob „aller guten Dinge sind drei“ oder die heiligen drei Könige oder die drei Fragezeichen – die Drei ist eine besondere Zahl. Ja sogar eine heilige und göttliche Zahl bei uns im Christentum.
Die Drei-Ein-igkeit Gottes – also drei mal eins macht eins?! Die Rede von der göttlichen Dreieinigkeit folgt keinen mathematischen Gesetzen und dennoch stimmt das Ergebnis. Denn die Dreieinigkeit ist eine gelungene Beschreibung wie Gott uns Menschen liebevoll begegnet:
Gott begegnet uns als Vater oder als Mutter. Wenn ich in der Natur bin, spüre ich seine Größe und Weite. Aber er ist nicht nur ein jenseitiger Gott. In Jesus Christus begegnet er uns als Mensch, der um unsere Freude und auch das Leid weiß. Und durch den Heiligen Geist begeisterte er uns Menschen und hilft uns, in dieser Welt mündig und verantwortlich zu sein. Und doch ist er ein Gott. Manches muss mathematisch nicht beweisbar sein.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

6.6.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Pfingsten, das Fest des heiligen Geistes oder die Geburtsstunde der Kirche… Zugegeben, wir tun uns schwer mit dem Begriff „Heiliger Geist“ und auch das Pfingstfest selbst spielt bei vielen kaum noch eine Rolle. Und doch geschah damals etwas, was auch mit uns noch zu tun hat. Es geht darum, dass wir als Christen nicht alleine sind. Auch dann nicht, wenn wir glauben oder spüren – Gott sei weit weg. Auch das ist eine Erfahrung, die die Jünger damals auch hatten; sie aber erlebten die Wende in ihrem Leben…
Die Freunde blicken nach oben. Eben war Jesus noch bei ihnen gewesen. Es war alles, wie vorher, als er noch mit ihnen lebte. Irgendwie sogar noch schöner. Diese schrecklichen Tage, als sie ihn ans Kreuz gehängt hatten. Als es so schien, als sei alles vorbei. Und dann, drei Tage später, die Nachricht, dass er lebt. Dass der Tod ihn nicht festhalten konnte. Es könnte doch einfach immer weitergehen. Jesus und die Freunde, alle wieder zusammen.
Aber nun, einen guten Monat später… hier auf dem Berg … auf einmal war er weg. „Ich gehe zu Gott, meinem Vater“, hatte er gesagt, „aber ich lasse euch nicht allein.“ Fühlt sich allerdings ziemlich allein an, denkt Petrus, als er so nach oben schaut. Ich kann ihn jedenfalls nicht mehr sehen. Und nun? Fragend blicken sie sich an. „Lasst uns zurückgehen nach Jerusalem“, sagt einer. „Er hat uns doch versprochen, dass er uns nicht alleinlässt.“ Sie kehren um und steigen den Berg wieder herab.
In ihrem Haus in Jerusalem sitzen sie miteinander am Tisch. Es fühlt sich leer an ohne Jesus. Auf einmal sehen und fühlen sie, wie unterschiedlich sie sind. Das war ihnen vorher nicht aufgefallen. Levi, der immer Abwägende. Simon Petrus, der Vorlaute. Johannes, der Vorsichtige. Und all die anderen. Jeder ist anders, alle haben sie ihre Eigenheiten. Wie hat das eigentlich miteinander funktioniert? Und wie soll es jetzt weitergehen? „Erinnert ihr euch?“, sagt Andreas auf einmal. „Als wir mit ihm zusammensaßen am letzten Abend, bevor er gestorben ist. Mein Herz war schwer an diesem Abend. Er sprach von Abschied und Verrat. Ich hatte Angst. Und es ist ja auch erst mal schrecklich gekommen. Einer hat ihn verraten, wir sind alle weggelaufen. Er ist gestorben. Aber dann: Er kam aus dem Grab wieder heraus. Er lebt. Und ich erinnere mich auf einmal auch an andere Dinge, die er gesagt hat. Er hat einen Tröster versprochen, der uns an ihn erinnert. Und der nur kommen kann, wenn er geht. Wisst ihr noch?“ Die Freunde nicken, manche langsam, manche entschieden. Ein Tröster. Einer, der uns Mut macht und einer, der dabei ist. „Stimmt“, sagt Jakobus. „Er hat gesagt, er lässt uns nicht allein.“ Und als sie so miteinander sprechen, spüren sie, wie sich ihre Herzen beruhigen. Wo eben noch Angst war, ist jetzt Hoffnung. Wo sie sich eben noch allein fühlten, sind sie jetzt zuversichtlich. Es tut gut, alles auszusprechen. Während sie noch so reden, spüren sie: es ist wahr. Sie sind nicht allein. Jesus ist dabei, auch wenn sie ihn nicht mehr sehen können.
Ein Tröster... einer, der da ist, wenn du dich allein fühlst. Einer, der dein Herz fest und ruhig macht. Einer, der dich fest in den Arm nimmt, wenn du es brauchst. Jesus hat seinen Freunden und uns allen versprochen, dass er einen Tröster in unser Herz schicken wird. Die Freunde haben das erlebt. In der Geschichte von heute ganz sanft, und ein paar Tage später mit großer Kraft. Es ist wahr. Hör in dein Herz und spüre die Kraft und den Mut. Jesus sagt auch zu dir: Ich lasse dich nicht allein.
Ihnen und Euch allen – auch unseren Schwestern und Brüder von St. Laurentius ein gesegnetes Pfingstfest!
Pfr. Thomas Abel
 

zurück zum Seitenanfang

30.05.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

Himmelfahrt - Was ist eigentlich der Himmel von dem die Bibel spricht? Susanne Niemeyer, eine meiner Lieblingsautoren, beschreibt es so:

Der Himmel ist anders als du denkst:
Der Himmel ist ein Feld, das darauf wartet, bestellt zu werden.
Der Himmel ist eine Wolldecke, keiner kriegt kalte Füße.
Der Himmel ist ein Augenblick. Nur die Wachen sehen ihn.
Der Himmel ist ein Apfelkuchen, jeder gibt ein Stück.
Der Himmel ist ein Sack voll Lose, und jedes ist der Hauptgewinn.
Der Himmel ist ein Hase, den der Schuss des Jägers nicht erwischt.
Der Himmel ist ein Kopfstand. Nur die Mutigen wagen ihn.
Der Himmel ist ein Gegenüber, das zum Miteinander wird.
Der Himmel ist ein Gedicht und du bist der Reim.
Der Himmel ist ein Engel, der an den Himmel erinnert.

Daran kann ich gut anknüpfen.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

23.05.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
der kommende Sonntag trägt den Namen „Rogate“, d.h. „Betet“. Nach dem Sonntag Kantate (Singe und Lobe) sind wir nun eingeladen zum Gebet. Das wiederum erinnert mich an ein altes Sprichwort, das sagt: „Beten, das ist etwas für kleine Kinder und alte Leute!“ Wenn ich Konfirmanden oder Schüler frage,  was denn Beten sei, dann spüre ich manchmal eine gewisse Unbehaglichkeit. „Soll ich dem Pfarrer vor allen anderen etwa sagen, dass ich bete?“ „Beten bringt doch nichts!“, sagt ein anderer ganz offen…
Was ist Beten? Beten ist Jubeln, Danken, Klagen, Bitten… aber auch seine Ohnmacht, seine Hilflosigkeit bekennen.
Über einen eigentümlichen Satz möchte ich jetzt mit Ihnen nachdenken. Der Satz ist vom katholischen Schriftsteller Reinhold Schneider. Er lebte von 1903 bis 1958, also auch in der Zeit des Nationalsozialismus. Schneider war zeitlebens sowohl seelisch als auch körperlich ziemlich krank, deswegen musste er nicht zur Wehrmacht und nicht in den Krieg. In einer seiner Schriften schreibt er: „Man muss beten, auch wenn man es nicht kann.“ Wie gesagt: ein eigentümlicher Satz. Ein glatter Widerspruch liegt scheinbar in den paar Worten: Man muss beten, auch wenn man es nicht kann. Wie soll man, wie kann man denn beten, wenn man es nicht kann?
Seufzen geht immer, diese Erfahrung machen wir, denke ich, alle irgendwann. Da entfleuchen uns Wörter oder leises Gestammel, Seufzer also, als wären die gar nicht von uns. „Ach Gott …“ hören wir uns dann sagen; oder: „Mein Gott …“ Das sind keine Gebete, aber es sind Ausdrücke des Erstaunens oder des Schmerzes oder der Ratlosigkeit. Zutiefst sind das aber Worte, die noch mehr sagen: Alleine komme ich mit alldem, was zum Leben gehört, nicht zurecht. Oft komme ich zurecht, aber manchmal eben nicht mehr. Dann höre ich etwas oder sehe es im Fernsehen oder werde Zeuge von etwas, was meinen Verstand übersteigt. Und mir entfleucht ein Seufzer: Mein Gott …
Da ist also noch mehr als nur meine Welt und mein Erleben. Auf einmal erfühle ich sozusagen: Da muss doch noch mehr sein als nur Ich und Du, also meine Welt und die Grenzen meines Verstehens. Auch im Krankenbett kann es solche Augenblicke geben. Was wird denn nun werde?, denkt man dann vielleicht. Und: Ob ich wieder gesund werde?
Ich spüre und erahne: Das Leben liegt nicht mehr in meiner Macht – das sind die Augenblicke, in denen es mehr geben soll als meine Kräfte und die der Ärzte und Schwestern. Die Augenblicke des Seufzens, aus denen Gebete werden können. Vielleicht meint Reinhold Schneider das, wenn er schreibt: „Man muss beten, auch wenn man es nicht kann.“ Es ist dann doch kein Widerspruch: Man meint vielleicht, nicht beten zu können, merkt aber, dass man seufzen kann. Und hat die ersten Worte des Gebetes schon auf den Lippen: Ach Gott …, oder: Mein Gott … Nun kann man auch noch ein paar Worte mehr sagen oder flüstern. Man kann über seine Angst sprechen; und über seine Hoffnung. Man kann sich an ein Gebet erinnern, das man gelesen hat; oder man spricht einfach ruhig das „Vaterunser“ vor sich hin. Man legt seine Ohnmacht, sein Nicht-Wissen und Nicht-Verstehen in Worte, die man findet oder in Worte, die man sich leiht.
Das ist auch Beten: seine Ohnmacht bekennen. Ich weiß nicht mehr weiter; Gott, nimm du dich meiner Dinge an und lass mich nicht verzweifeln. Ich spüre in diesen Augenblicken, dass solche Worte mich leichter machen. Sie nehmen mir etwas von der Schwere. Ich hoffe auf jemanden, der von allem mehr versteht als ich. Er soll doch, bitte, meine Not in seine Hände nehmen, damit ich wieder hoffen kann.
Und wenn mir doch einmal alle Worte, alles Seufzen ausgeht, dann gibt es das eine Gebet, das alles einschließt und alles vor Gott bringt, was ich brauche – DAS VATERUNSER!
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

16.05.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

Für schwere Zeiten braucht man Kraft. Aber woher und wie bekommt man diese Kraft? Eine Redewendung besagt: Kraft kann man tanken. So wie man das Benzin fürs Auto tankt? Kann man so einfach seine eigenen Reserven auffüllen? Blickt irgendwann dann eine Warnleute, die sagt: Kraft fast leer? Eine weitere Redewendung sagt: In der Ruhe liegt die Kraft. Demnach ist die Ruhe eine Tankstelle? Für mich kann Ruhe, gerade in schwierigen Zeiten, wofür ich Kraft brauche, ganz schön laut und störend sein. Das Gedankenkarussell beginnt sich dann zu drehen und ich möchte aussteigen, aber es geht nicht. Dann ist Ruhe so gar nicht Kraft schöpfend. Kraft aufzufüllen und für schwere Zeiten auf zu bewahren klappt bei mir leider nicht. Denn Kraft ist für mich etwas nicht Fassbares.
Wenn ich aber an die Situationen denke, in denen ich Kraft brauchte, dann stelle ich im Rückblick fest, dass ich genug Kraft empfangen habe. Ohne mich vorher um irgendeine Kraft bemüht zu haben. Da ist mir das Prophetenwort aus dem Jesaja Buch nahe: „Die auf den HERRN harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitananfang

09.05.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
kennen Sie den Satz: „Jedes Menschen Leben soll heilig sein!“ Man könnte aber auch lesen: „Jedes Menschenleben soll heilig sein!“ Dieser Satz stammt von Kurt Eisner, erster bayerischer Ministerpräsident des Freistaates Bayern. Diesen Satz las ich kürzlich und er bewegt mich seither. Denn er greift etwas ganz wichtiges aus dem Schöpfungsbericht im Alten Testament auf. Heilig ist jeder Mensch, weil: „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bild Gottes schuf er ihn.“ Menschen sind ein Bild Gottes. Kein Abbild, kein Sinnbild, sondern ein Ebenbild. Das bedeutet: Wir ähneln oder gleichen Gott im Herrschaftsauftrag über die Mitgeschöpfe. Und wir ähneln oder gleichen Gott im Wesen der Liebe zu anderen. Wie Gott selbst sind wir Menschen also „heilig“. Wir gehören zu Gott, wir sind sein Eigen.
Doch wie sieht die Wirklichkeit aus!? Die Wirklichkeit ist oft genug eine reine Tragödie: Menschen sehen einander leider nur selten so, wie sie gemeint sind. Oft genug sehen wir uns als Konkurrenten, als Feinde und als die, die einem nur auf dem Weg im Wege stehen. „Weg da, jetzt komme ich!“ Wir sehen uns als Neider, als Störer… Schauen wir uns um in der kleinen und großen Welt, dann erleben wir das doch tagtäglich. „Der Mensch ist des Menschen Wolf“(„homo homini lupus“), so dichtete bereits 200 Jahre vor Jesus Titus Plautus, ein römischer Komödiendichter. Und: Recht hat er!
Jeden Tag aus neue bekommen wir das doch in den Medien präsentiert. Von der Heiligkeit des Menschen ist kaum noch etwas zu spüren. Der Mensch herrscht nicht mehr mit seinem besonderen, heiligen Wesen über den Wolf, nein er wird oft genug zum Wolf. Und das ist die Tragödie, die wir erleben.
Und doch wird diese Tragödie durchbrochen und wir können daran Anteil nehmen. Denn Christus durchbricht mit seinem Leben, Sterben und Auferstehen, diesen Teufelskreis. Er nimmt uns mithinein in Gottes neue Welt, wo wir einander nicht als Konkurrenten sehen, sondern als Geschwister, als Gottes Kinder. Die Osterzeit mit ihren verschiedenen Sonntagen (u.a. Jubilate, Kantate, Rogate…) lädt uns alle ein, diesen neuen Gedanken nachzuspüren und zu folgen, wie einst die Jünger dem Auferstandenen nach Galiläa folgten. Vielleicht hilft auch ein altes lateinisches Sprichwort das sagt:
Halleluja!
Es ist Ostern.
Lasst uns mit Freunden einander umarmen.
Es ist Ostern, die Erlösung von Schmerz und Tod.
Es ist der Tag der Auferstehung.
Lasst uns, ihr Brüder,
Bruder sagen auch zu denen,
die uns hassen!
Verzeihen wir alles
um der Auferstehung willen!
(Natürlich sind auch die Schwestern angesprochen!!)
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

02.05.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

wahrscheinlich sind Sie schon oft gesegnet worden. Dabei meine ich nicht den Segen am Ende jeden Gottesdienstes, sondern eine ganz alltägliche Situation. Denn die bayerischen, schwäbischen und fränkischen Grüße „Pfüat di“, „Grüß Gott“ oder „Ade“ sind ursprünglich Segen. „Grüß Gott“ bedeutet eigentlich „segne Dich Gott“ – denn „grüßen“ war früher teilweise gleichbedeutend gebraucht mit „segnen“. „Ade“ heißt – herkommend von „à dieu“ – „Gott befohlen“. Das bayerische „Pfüat di“ meint im Hochdeutschen „Behüt´ Dich Gott“.

Segnen ist für mich etwas ganz Besonderes. Gerade wenn ich an der Konfirmation junge Menschen segnen darf, spüre ich wie bestärkend Segen für den Lebensweg sein kann. An diesem Wochenende werden in unserer Kirchengemeinde St. Markus in Stockstadt junge Menschen konfirmiert und am folgenden Wochenende in Mainaschaff. Jugendlichen geben ihr Ja zum christlichen Glauben und bekommen durch den Segen Stärkung. Eine Bestärkung für das Leben in seinen Höhen und Tiefen. Eine Bestätigung für die mutigen und freien Schritte im Glauben. Eine Bestärkung für das beständige Ringen nach der Wahrheit. Eine Bestärkung für ein Handeln aus Nächstenliebe.

Eine solche Bestärkung brauche ich immer wieder. Daher tut es mir gut zu wissen, dass manchmal schon ein Gruß und ein freundliches Lächeln ein Segen sein kann. Den Konfirmanden und Konfirmandinnen wünsche ich für ihren Lebensweg, dass sie bei der Konfirmation und hin und wieder auch in alltäglichen Situationen Gottes Segen und seine Bestärkung spüren dürfen.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

25.04.2019

Sonntag – Auferstehungstag – in Jerusalem. Vor wenigen Stunden hatte Maria Magdalena eine Begegnung mit dem auferstandenen Christus gehabt, die alles auf den Kopf gestellt hatte. Nun sitzen die Jünger hinter verschlossenen Türen. Sie haben Angst. Angst, dass ihnen Unheil droht, dass man sie sucht und verfolgt. Plötzlich steht Jesus mitten im Raum. Durch die verschlossene Tür muss er gekommen sein – wie geht das denn? „Friede sei mit euch!“ Das haben sie schon einmal gehört. War es nicht beim Abschied von ihrem Herrn? Ja, so war es. Und nun wieder diese vertraute Stimme. Aber kann das denn sein? Sie müssen wohl träumen. Unvermittelt zeigt er ihnen die Wunden, die er bei der Kreuzigung erlitten hat! Unglaublich! Unfassbar! Und noch einmal: „Friede sei mit euch!“ Was geschieht hier? – Was sie dann hören, wird sie sicher mit Stolz, aber auch mit Respekt vor der Aufgabe erfüllt haben: Der Auferstandene beauftragt sie, sein Werk weiterzuführen. Er macht sie zu seinen Gesandten. Den Heiligen Geist gibt er ihnen und erfüllt sie dadurch mit Kraft für diesen Weg. Sie werden ermächtigt, über die Vergebung von Sünden in der christlichen Gemeinde zu entscheiden. Das alles muss überwältigend gewesen sein. Unglaublich, aber doch ganz real. Wenn sich Christen versammeln, können sie positive Überraschungen erleben, die das Leben in ein ganz neues Licht tauchen. Thomas hat das alles nicht mitbekommen. Wenn er ihnen glauben soll, müsste er es selbst sehen. Mehr noch: Er müsste die Wundmale Jesu mit seinen eigenen Händen fühlen. Dann wäre er überzeugt. Ob er wirklich damit gerechnet hat, dass sich dieser Wunsch erfüllt? Am nächsten Sonntag ist es so weit. Wieder sitzen die Jünger im Hause zusammen, Thomas ist dieses Mal dabei. Die Tür ist zu. Wieder steht Jesus mitten im Raum. Wieder grüßt er mit dem Friedensgruß. Ohne Umschweife wendet er sich Thomas zu und fordert ihn auf, zu tun, was er braucht, um zu glauben. „Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite.“ Das öffnet Thomas die Augen. Es bricht förmlich aus ihm heraus: „Mein Herr und mein Gott!“ Mehr geht nicht. „Selig sind die nicht sehen und doch glauben“, muss er sich anhören. Diese Seligpreisung gilt gar nicht ihm selbst. Sie blickt schon weiter in die Zukunft. Sie hat die Zeit im Blick, in der es nicht mehr möglich ist, den Auferstandenen selbst zu Gesicht zu bekommen. Die, die dann trotzdem vertrauen können, sind selig.
Das ist die Regel für die Zukunft; das ist unsere Gegenwart, das ist unsere Herausforderung: Nicht sehen und doch glauben. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser? – Wie kommt man dazu, an Gott zu glauben? Wie kriegt man das hin? Glauben zu können, ist ein Geschenk. Wie es dazu kommt, ist schwer zu sagen. Trotzdem muss man auf die Frage hin nicht verstummen. Man kann selbst ein gutes Beispiel sein und davon erzählen, was der Glaube im eigenen Leben bewirkt. Man kann sprechen über die größere Klarheit der Entscheidungen, über die Kraft in Krisenzeiten, den Mut, den ersten Schritt zu tun, über die Freude an Versöhnung und Gerechtigkeit. Glaube ist ein Geschehen zwischen Ich und Du, zwischen Gott und Mensch – das aber natürlich trotzdem nach außen hin sichtbar und spürbar werden kann. Der Glaube ist keine Sache des Kopfes, sondern erfasst den ganzen Menschen, das Denken, das Empfinden, das Abwägen und Entscheiden, das Handeln und Wollen. Der Glaube lebt von Gewissheit, nicht von Sicherheit. Gewissheit lebt vom Vertrauen in die Wirklichkeit Gottes. Den Glauben annehmen bedeutet, eine tiefe Wahrheit darin zu erkennen, dass Jesus Christus in die Welt gekommen ist, um Sünder gerecht zu machen. Auf ihn ist der Glaube bezogen, in ihm findet er seinen Grund und sein Ziel. Wer diese Wahrheit erkennt, wird frei (Johannes 8,32) – frei von eigenen Lebenslügen, befreit aus lebensfeindlichen Bindungen, frei für ein Leben, dem Segen verheißen ist: Selig sind, die reinen Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. (Matthäus 5,8). So wünsche ich allen eine gesegnete Osterzeit und einen festen Glauben, der Freiheit schenkt!
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel

zurück zum Seitenanfang

18.04.2019

Liebe Leserin, lieber Leser
„Das geht doch gar nicht. Jesus ist doch tot“, sagte vergangene Woche ein Schüler zu mir, als wir über die Auferstehung sprachen. Das Wunder von Ostern war für ihn gar nicht begreifbar, denn es übersteigt unser Vorstellungsvermögen: Dass einer, der gestorben und begraben war, nun doch seinen Freundinnen und Freunden begegnet. „Die Geschichte ist nicht echt!“, das war das Resümee von dem Schüler. Aber was macht eine Geschichte zu einer echten Geschichte?
Die Ostergeschichte ist zwar nicht beweisbar und nachprüfbar und dennoch ist die Ostergeschichte für mich eine echte Geschichte. Denn sie berichtet von Erfahrungen, die Menschen gemacht haben. Es waren Menschen, die mit Jesus gute Erfahrungen gemacht hatten. Aber sie waren zutiefst enttäuscht, als sie erlebten, dass Jesus, der ihnen neue Wege zu Gott gezeigt hatte, auf schändliche Art und Weise hingerichtet wurde, obwohl er unschuldig war. In dieser Situation, als all ihre Hoffnungen zerbrochen waren, als sie keine Perspektive, keinen Durchblick mehr hatten, da begegnet ihnen der Gestorbene – und sie werden gewiss, dass ER lebt, sie haben es erlebt. Ich finde mich im Erleben dieser Menschen wieder, denn sie spiegeln auch mein Erleben, wenn sich in Ausweglosigkeit plötzlich neue Türen öffnen, wenn in Dunkelheit plötzlich ein Licht aufleuchtet.
Es stimmt: historisch ist es nicht beweisbar und nachprüfbar. Aber längst nicht alles, was ich erlebe, ist beweisbar und nachprüfbar. Und dennoch weiß ich, dass es echte Geschichten sind, denn sie sind erlebt und wir erleben sie heute.

Ich wünsche Ihnen frohe Ostern
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

11.04.2019

Gedicht zur Karwoche
Als Jesus von seiner Mutter ging
und die große, heilige Woch’ anfing,
da hatte Maria viel Herzeleid,
sie fragte den Sohn voll Traurigkeit:
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Sonntag sein?“
„Am Sonntag werd' ich ein König sein,
da wird man mir Kleider und Palmen streun.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Montag sein?“
„Am Montag bin ich ein Wandersmann,
der nirgends ein Obdach finden kann.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Dienstag sein?“
„Am Dienstag bin ich der Welt ein Prophet,
verkünd'ge wie Himmel und Erde vergeht.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Mittwoch sein?“
„Am Mittwoch bin ich gar arm und gering,
verkaufet um 30 Silberling.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Donnerstag sein?“
„Am Donnerstag bin ich im Speisesaal
das Opferlamm bei dem Abendmahl.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Freitag sein?“
„Ach Mutter, ach liebste Mutter mein,
mög dir der Freitag verborgen sein!
Am Freitag, liebe Mutter mein,
werd' ich ans Kreuz geschlagen sein!
Drei Nägel gehn mir durch Hände und Füß',
verzage nicht, Mutter, das Ende ist süß!“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Samstag sein?“
„Am Samstag bin ich ein Weizenkorn,
das in der Erde wird neu geborn.“
„Ach Sohn, du liebster Jesu mein,
was wirst du am heiligen Sonntag sein?“
„Am Sonntag freu dich, o Mutter mein,
da werd' ich vom Tod erstanden sein.
Da trag ich das Kreuz mit der Fahne in der Hand,
da siehst du mich wieder im Glorienstand!“
Mit diesem alten Gedicht, es wird in das 13.14. Jhd. datiert, wünsche ich Ihnen und Euch allen eine gesegnete Karwoche!

Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel
zurück zum Seitenanfang

04.04.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

vermutlich hätte er sich nicht träumen lassen, dass sein Name einmal berühmter wird als derjenige der meisten römischen Kaiser. Noch heute wird er Woche für Woche in unserem Glaubensbekenntnis genannt: Pontius Pilatus. Die Evangelien erzählen von ihm, dass er sich gegen die Verurteilung Jesu sträubt. Auf Drängen des jüdischen Hohen Rates und der Volksmenge bestimmt Pilatus aber dennoch die Kreuzigung.

Im Johannes Evangelium bildet das Gespräch zwischen dem Statthalter und Jesus den Höhepunkt der Passionsgeschichte. Jesus, der den nahen Tod vor Augen hat, bekundet dennoch seine Autorität: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll.“ Ihm gegenüber Pilatus, der über die irdische Macht verfügt und dennoch fragt: „Was ist Wahrheit?“ Vielleicht Ausdruck leisen Spottes oder auch müde Skepsis. Eine Antwort seines Gegenübers wartet Pilatus nicht ab.

So steht die Frage im Raum: „Was ist Wahrheit?“ Zu allen Zeiten haben sich Denker mit dieser Frage auseinandergesetzt und philosophische Theorien entwickelt. Ich denke, diese Frage muss jeder und jede für sich selbst beantworten. Was ist Wahrheit – für mich und mein Leben? Ist die Wahrheit, die Jesus mit seinem Leben bezeugt, auch meine Wahrheit? Da heißt es Position beziehen.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

28.03.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Am Sonntag macht die Passionszeit (Fastenzeit) eine kleine Pause. Der Sonntag Lätare wurde früher im Volksmund „Klein-Ostern“ genannt. Dieser Sonntag hat seinen Namen von einem Wort aus den letzten Kapiteln des Jesajabuches. Dort heißt es: „Freuet euch mit Jerusalem und seid fröhlich über die Stadt, alle, die ihr sie lieb habt. Freuet euch mit ihr, alle, die ihr über sie traurig gewesen seid!“ Die Zuhörer sollen sich freuen über das kommende Heil der Stadt.
Lätare – Freue dich; mitten in der Passionszeit wird ein neuer Akzent gewagt. Man schaut schon einmal vorsichtig durch einen Spalt, drei Wochen weiter, auf Ostern – auf das Großereignis, der Auferstehung Jesu. Denn davon leben wir, von dieser unglaublichen Hoffnung!
Und Hoffnung brauchen wir für unser Leben. Ohne Hoffnung wäre alles trostlos. Würde die Resignation zunehmend um sich greifen. Schaue ich mir unsere Welt an, mit all ihren Facetten, komme ich schon ins Grübeln. Neben so vielem Schönen, so viel Schlimmes. Kriege und Naturkatastrophen, Hausgemachte Probleme durch uns Menschen… Und dann die kleinen Lichtblicke: Menschen gehen erste Schritte der Versöhnung (Indien und Pakistan), Kinder und Jugendliche gehen weltweit auf die Straßen, um für den Klimaschutz zu protestieren. Die Mitteldeutsche Kirche hat eine Petition für ein Tempolimit auf den Weg gebracht, obwohl die Verantwortlichen wissen, wie kontrovers auch unter Christen darüber diskutiert wird. Und doch kann sich jeder seine Meinung dazu bilden und kann diese Petition mit seiner Unterschrift unterstützen.
Wichtig ist, dass wir bei allem unsere Hoffnung behalten und versuchen Dinge in unserem Leben, da wo wir sind, ein Stück weit zum besseren bewegen.
Wenn ich an unsere Konfirmanden denke, hoffe ich, dass ich auch in ihnen etwas bewegen konnte. Am Sonntag Lätare zeigen sie in Kleinostheim was sie gelernt haben, was Glaube für sie bedeutet und wie sie damit ins Leben treten, als mündige und verantwortungsvolle Christen. Und nach dem Gottesdienst werden sie erleichtert und freudig in die neue Woche starten und sich auf ihre kommende Konfirmation freuen.
„Lätare – Freuet euch!“
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

21.03.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Redewendung „zur Salzsäule erstarren“ hat ihren Ursprung in der Geschichte von Lots Ehefrau. In dieser Geschichte wird erzählt, dass Gott die Entscheidung getroffen hat Sodom und Gomorra aufgrund ihrer Bosheit zu vernichten. Einzig Lot und seine Familie sollten die Stadt rechtzeitig verlassen können. Bei der Flucht war der Familie aufgetragen nicht zurückzublicken. Sie sollten also das Neue, die Zukunft im Blick haben. Doch Lots Ehefrau hatte wohl Schwierigkeiten sich vom Alten, dem Gewohnten, zu trennen. Sie blickte auf der Flucht zurück und erstarrte zur Salzsäule.
Keine schöne Geschichte. Aber sie macht etwas deutlich: Wer sich von Altem nicht lösen kann, der kann nicht in die Zukunft gehen. Ja natürlich gibt es ohne Vergangenheit keine Zukunft. Wir sollten aus der Geschichte immer wieder lernen. Gott hat Lot aus Sodom und Gomorra gerettet, damit er mit der Erfahrung aus dieser Stadt und dem damit verbundenen Wissen, in die Zukunft gehen würde und einen radikalen Neuanfang wagen konnte. Aber sein Blick sollte in die Zukunft gerichtet sein.
Die Passionszeit ist für mich auch immer wieder ein Aufruf neu anzufangen. Es ist ein Einüben, das im Leben abzulegen, was uns von anderen Menschen und damit auch von Gott trennt, was uns hindert, wie z.B. alte Vorurteile, Einstellungen zu anderen Menschen, alte Auseinandersetzungen zu beenden – es einfach noch einmal neu anzugehen. Mit Ostern ist unser Blick nach vorne gerichtet und wir haben die Chance, es anders zu machen.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

14.03.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Passionszeit sind wir eingeladen auf vielfältige Art und Weise den Weg Jesu und seines Leidens nachzuspüren. Nachspüren, was es heißt ein Leben zu führen, was Gott gefällt und uns allen nutzt. Jetzt zum beginnenden Frühjahr bedarf es nicht nur eines Haus- und Gartenputzes, sondern auch einen für unsere Seele.
Glasklare Sauberkeit für unsere Fenster versprechen viele bekannte Reinigungsmittel. Und solch eine Glasklare Sauberkeit für unser Leben wünschte sich einst Edith Stein, die 1942 von den Nationalsozialisten ermordete und 1998 heiliggesprochene Karmelitin. Sie schrieb einmal: „Du sollst sein wie ein Fenster, durch das Gottes Liebe in die Welt hineinleuchten will. Die Scheibe darf nicht stumpf und schmutzig sein, sonst verhinderst du das Leuchten Gottes in der Welt.“
Und dieses Leuchten hat Jesus in unsere Welt gebracht. Er war so ein Fenster, durch das Gottes Liebe zu den Menschen drang und sie dadurch erkannten, was in ihrem Leben gut war und was fehlte.
Nach den Worten von Edith Stein sind wir heute diese Fenster. Fenster, die den Blick auf Gottes Liebe und sein Wirken in dieser Welt ermöglichen sollen. Doch ist das möglich? Sind unsere Fenster nicht allzu oft  stumpf und undurchsichtig?
Für die Reinigung unseres Lebensfensters bietet die Kirche seit langem drei wirksame Putzmittel an:
Fasten-Almosen-Beten. Eine „Auszeit“ vor dem größten Fest der Christenheit.
Fasten – Der wohl kraftvollste Fettlöser mit Aktivformel für Leib und Seele. Egal wie dieses Fasten vollzogen wird, ob wörtlich genommen oder der symbolische Verzicht auf etwas – Fasten eröffnet einen Blick auf das Wesentliche und Notwendige in meinem Leben. Wir können von neuem unsere Stärken und Begabungen entdecken, spüren, wie Gott in meinem Leben wirkt, auch durch mich hindurch. Wenn wir wieder erstrahlen, können unsere Mitmenschen erkennen, welche Möglichkeiten Gott auch ihnen ermöglicht.
Almosen – Den anderen nicht nur wahrnehmen sondern auch tatkräftig zu helfen. Ein sehr gutes Reinigungsmittel gegen Blindheit und hartnäckigen Egoismus. Wenn wir bereit sind, uns zu öffnen und auch loslassen zu können, unsern Überfluss mit anderen zu teilen, dann werden wir innerlich frei. Wir spüren, wie Gott uns trägt, wie die Angst zu kurz zu kommen weichen kann. Wenn wir durch unsere Großzügigkeit unseren Lebensfenstern einen frischen Glanz geben, kann Gott neu erstrahlen für die Barmherzigkeit, die wir einander geben können.
Beten -  Dieses Putzmittel ist der wirksamste Schutz gegen Stress, Hektik und Oberflächlichkeit. Sich bewusst herausnehmen aus dem Alltagseinerlei. Innehalten und Zwiesprache mit Gott halten; ob allein oder in einer Gruppe, in einer Andacht – hebt meinen Blick. Ich nehme mein Leben anders wahr, erhalte einen neuen Blick und vor allem Kraft für meinen Alltag, den nächsten Schritt. Wenn so unser Lebensfenster wieder aufpoliert ist, kann Gottes Wort, das Orientierung und Hoffnung gibt, kräftiger in die Welt hinein scheinen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen gelingenden Frühjahrsputz!
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

07.03.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

nimm eine Weile Abstand von dem, was dich pausenlos beschäftigt und verwirrt. Lass die vielen Gedanken in deinem Kopf nicht länger kreisen. Leg ab die Last der Sorgen und ruhe aus von deiner Arbeit. Du darfst dich Gott zuwenden und in ihm zur Ruhe kommen. Ziehe dich zurück nach innen in dein Herz. Lass alles draußen, was nicht Gott ist oder was dich hindert, zu ihm zu finden. Suche Gott bei geschlossener Tür.

Mit diesen Worten von Anselm von Cantervury, eine Erinnerung an eine bewusst gewählte Musterunterbrechnung, wünsche ich Ihnen einen guten Start in die Passionszeit.
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

28.02.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
die Passionszeit liegt vor uns. Immer weniger Menschen wissen das, und noch weniger können damit etwas anfangen. Passion kommt vom lateinischen Wort für „Leiden“. Wir denken von Aschermittwoch bis Karsamstag an das Leiden Jesu, an seinen Weg zum Sterben und - Gott sei dank - danach auch zur Auferstehung. Gerade dieser Gedanke, dass Jesu Tod nicht abgelöst vom Leben danach betrachtet werden darf, macht es sinnvoll, die Passionszeit bewusst zu gestalten. Sieben Wochen lang das Leben anders zu gestalten als sonst, auf etwas anderes den Schwerpunkt legen, eine Gewohnheit bewusst erleben, ein Ziel besonders in Auge, Herz und Sinn fassen, das könnte so eine Gestaltungsmöglichkeit sein.
Dafür gibt es verschiedene Angebote unserer Kirche und verschiedener Werke. ‚7-Wochen-ohne‘ kennen Sie vielleicht, oder ‚7-Wochen-mit‘ oder ‚7-Wochen-anders‘. Das sind die bekannten Angebote, die es nun schon in einer kleinen Tradition gibt.
Die Familienarbeit im Bistum Köln hat in diesem Jahr ein besonderes Motto angeboten: ‚7-Wochen-8sam-leben‘, so heißt es. Gedacht ist es in erster Linie für Paare, für liebende Menschen. Aber die Idee dahinter ist natürlich für alle Menschen gut, gerade auch in unserer Zeit, wo mit so viel Unachtsamkeit viel Porzellan zerschlagen wird.
Ich denke, dass es gut wäre, wenn viele Menschen sich in der Passionszeit die Mühe machten, achtsam miteinander umzugehen: keine Fake-News; keine Beschimpfungen; kein Hass auf andere Menschen, nur weil sie anders sind als ich; keine Vermutungen und Argwöhnen; keine heimlichen Verdächtigungen. Dagegen ein offener Umgang miteinander: Toleranz zeigen; neugierig auf das Andere im Anderen zugehen; Zuhören, wenn ein anderer Mensch redet; nachdenken, bevor wir den Mund aufmachen; auch die Stillen einmal zu Wort kommen lassen; Hässliches und Gemeines als solches kennzeichnen und es dennoch in Liebe nicht verdammen; den mürrischen Tag meiner Partnerin/ meines Partners geduldig ertragen; lieber noch mal nachfragen, um Missverständnisse zu vermeiden; sich auch um die Gefühle eines Menschen kümmern, nicht nur um den oberflächlichen Eindruck; Lösungen für die Zukunft suchen, satt Fehler in der Vergangenheit.
Ich bin sicher, Ihnen fällt noch viel mehr dazu ein, was ein „8samer“ Umgang an hilfreichen und liebevollen Möglichkeiten noch bietet. Und wir ahnen schon beim Lesen: Das würde unsere Welt, unsere – unmittelbare und die weitere – Umgebung freundlicher und lebenswerter machen. Und das ist doch die Sehnsucht so vieler Menschen.
Das genau ist auch das, was Jesus mit seinem Leben und Sterben und Auferstehen uns gebracht hat. Eine Liebe, die achtsam auch auf die Schwachen schaut, eine Liebe, die sich nicht zu schade ist, Geduld zu haben und mal nachzugeben, eine Liebe, die Lebensmöglichkeiten für die ganze Schöpfung zum Ziel hat. Damit alle leben, gut leben, glücklich sein können, genug haben. Welch eine wunderbare Aussicht.
Ja, Egoismus kann das nur ganz schlecht. Es bedarf Mut und Einsatz. Es ist Arbeit am Zusammenleben und kostet auch Mühe. Manchmal ist auch ein Stück Leiden dabei und manches geht kaputt: die Gewalt und der Hass; der unversöhnliche Streit und die Rechthaberei um jeden Preis; das Fratzengesicht der Rache; die gnadenlose Unversöhnlichkeit; das unentwegte Sinnen auf Blut und Tod. Das alles stirbt mit Jesus am Kreuz. Aber dahinter leuchtete die neue Umgangsform der Liebe und des Lebens.
Ja, mit dieser Aussicht lohnt es sich, die Passionszeit als Übungszeit zu nutzen. Alles Gute dazu. Der Gottesdienst am Sonntag unterstützt jeweils dabei.
Joachim Pennig, Gemeindeglied


zurück zum Seitenanfang

21.02.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

beim Blättern durch unser Gesangbuch und der Suchen nach Lieder, stolpere ich immer wieder über die Texte zwischen den Lieder. So auch diesmal: auf der Seite 1015 steht ein Gebet von Papst Johannes XXIII. Unter dem Motto „Nur für heute…“ schreibt er, was er sich eben nur für heute vornimmt. Beeindruckt davon frage ich mich, was ich mir nur für heute vornehme. Vielleicht Folgendes und vielleicht auch nur für jeden Tag eines:

Nur für heute will ich mich nicht entmutigen lassen, auch wenn ich wieder nicht alles geschafft habe, was ich mir vorgenommen hatte.
Nur für heute will ich auf unbedachte Äußerungen verzichten und das Verhalten anderer nicht kommentieren.
Nur für heute will ich nicht verallgemeinern und keine pauschalen Vorurteile treffen.
Nur für heute will ich auf meine Wortwahl achten und auf meinen Tonfall, damit ich niemanden unbewusst verletze.
Nur für heute will ich Nachrichten über afrikanische Flüchtlinge und das Leid der Menschen im Nahen Osten nicht an mir vorbei rauschen lassen – ich will innehalten und ein Gebet zum Himmel schicken.
Nur für heute will ich ganz bewusst auf Gottes Hilfe vertrauen.
Nur für heute will ich mir selbst und meinen Mitmenschen nachsichtiger, großzügiger und geduldiger begegnen.
Nur für heute will ich froh und dankbar sein für alles, was mir geschenkt ist.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

14.02.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Wie sieht es aus mit Ihrem Vertrauen? Manche sagen ja: „Vertrauen ist gut; Kontrolle ist besser!“ Viele haben ihr Vertrauen längst verloren, vor allem in die Politik bzw. die Politiker.
Aber dieses Vertrauen meine ich jetzt nicht. Mir geht es um ein Vertrauen in mein Leben, in meinem Glauben. Was trägt? Was hält mich? Bei diesen Fragen denke ich gerne an die Geschichte, die Markus (Kapitel 4, 35-41) erzählt.
Die Erzählung vom Sturm auf dem See und dem drohenden Untergang des Schiffes kann viele Parallelen mit dem eigenen Leben haben. Wenn mich Ängste hin und her werfen; wenn mir das Wasser bis zum Hals steht – seien es Sorgen, Arbeit oder auch materielle Not. Ich weiß, dass im Leben nicht immer alles rundläuft und dass das Leben gefährdet ist. Deshalb mag ich diese Erzählung, sie ist für mich eine Mutmach-Geschichte: Gott auch dann zu vertrauen, wenn ich seine helfende Gegenwart in Not, Leid und Gefahr nicht spüre. Gerade in diesen Situationen ist es ja besonders schwer, auf Gott zu vertrauen.
Der schwere Sturm, das viel zu kleine Boot – der Untergang scheint unausweichlich. Doch die Jünger ergeben sich nicht in ihr Schicksal. Auch wenn sie selbst keine Rettungsmöglichkeit mehr sehen, eines können sie: Jesus wecken – durchaus vorwurfsvoll. Diese Möglichkeit bleibt auch mir immer: Gott mit meinem Leid zu konfrontieren, ihn zu bitten, mir zu helfen.
Doch vor der Stillung des Sturms geschieht in dieser Erzählung ein anderes Wunder: Das Wunder des Vertrauens. Jesus ist ja nicht lebensmüde oder leichtsinnig, als er sich ins Boot schlafen legt. Er weiß sich in Gottes Hand geborgen. Er hat sich Gott anbefohlen, seine Sorge um sich und seine Gefährten an ihn abgegeben. Besseres kann er nicht tun. Und weil er das Wichtigste getan hat, was in seiner Macht liegt – sich Gott anzuvertrauen – kann er schlafen. Ich gebe zu, dass ich das so nicht kann. Das spüre ich spätestens, wenn ich meine Sorgen mit hinein in den Schlaf nehme und keinen finde. Deshalb liebe ich diese Geschichte. Weil sie davon erzählt, dass solches Vertrauen möglich ist.
Einen weiteren Aspekt möchte ich mit Ihnen bedenken: Mich erinnert die Erzählung vom Schlaf Jesu an einen Moment aus der Passionsgeschichte; dem der Nacht in Gethsemane, als Jesus in Todesangst mit Gott ringt – und die Jünger schlafen. Eine Aufforderung für mich, selbst wach, aufmerksam und sensibel für die Not anderer zu bleiben und das in meinen Möglichkeiten Stehende zu tun. Habe ich keine Möglichkeiten mehr oder sehe sie nicht oder traue mich nicht, gelähmt durch Angst, bitte ich Gott um Hilfe. Er ist immer mit im Boot des Lebens. Doch welche Stelle nimmt er dort ein? Ist er nur ein Passagier, den man im letzten Augenblick aufweckt, oder ist er der Kapitän, der das Schiff steuert und die Stürme meistert? Fährt er nur gelegentlich mit oder ist er immer an Bord? Ich wünsche mir, dass er der ist, dem ich mein Leben immer anvertraue und bei dem ich immer wieder Kraft finde zur Weiterfahrt.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

07.02.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie steht vor mir auf dem Tisch. Relativ groß, blau, gefüllt mit all den Dingen, die ich so brauche im Laufe eines Tages. Ich habe sie immer bei mir, auch wenn ich die Wohnung nur kurz verlasse.

Als kleines Mädchen habe ich von einer Handtasche geträumt, so wie die englische Gouvernante Mary Poppins sie besitzt. Unvergesslich die Filmszene: Soeben hat Mary Poppins ihre neue Stelle angetreten und richtet ihr Zimmer ein. Die Tasche steht auf dem Tisch und das Kindermädchen zaubert eine weiß gestärkte Schürze, ein Parfumfläschchen, einen Klappsitz und sogar eine Stehlampe hervor. Eine Handtasche voller nützlicher Dinge, die zum richtigen Zeitpunkt zum Vorschein kommen. Eine solche Handtasche besitze ich leider nicht. Aber auch meine Handtasche samt Füllung ist mein survival kit.

Eine Handtasche für die unterschiedlichsten Themen des Lebens sind für mich auch die Psalmen. Uralte Lieder und Gebete, die das Leben in seinen Höhen und Tiefen besingen und beklagen. Für mich meist eine Fundgrube, gerade wenn ich selbst keine Worte finde. Die Psalmen sind eine Einladung: in alten und fremden, aber bewährten Worten lässt sich das eigene Erleben wiederfinden.

Manchmal muss man da etwas Suchen, aber in einer Handtasche ist das ja auch nicht anders.

Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

31.1.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
nun ist aber endgültig Schluss – mit Weihnachten! In St. Markus ist der Weihnachtsbaum nun auch verschwunden und auch im Pfarrhaus leuchtet nichts mehr, was noch an Weihnachten erinnern könnte. Außer, ja außer der kleinen Skulptur, die das ganze Jahr (eigentlich immer) auf meinem Schreibtisch steht. Joseph der bergend seinen Arm um Maria legt und schützend den Mantel um das Kind. Warum ich sie stehen lasse? Die Botschaft von Weihnachten durchzieht auch unseren Alltag. Nun kommt es darauf an, das Gesehene und Gehörte von Weihnachten im Alltag meines Lebens ankommen zu lassen, es wirken zu lassen. Liebe und Fürsorge, so wie sie Joseph Maria und dem Kind zukommen lässt, danach sehnen wir uns doch immer. Gottes Menschwerdung fordert uns auch über Weihnachten hinaus. Am deutlichsten wird das dann in der Passions- und Fastenzeit.
Nun, in der sogenannten „Zwischenzeit“ (in viereinhalb Wochen beginnt die Passionszeit), zeigt sich das Leben, trotz des winterlichen Graus, von seiner fröhlichen und ausgelassenen Seite. Faschingsveranstaltungen laden ein zum Fröhlich sein, zum Feiern und anders sein. Einmal aus seiner eigenen Haut schlüpfen und in die eines anderen hinein, das macht vielen Freude. Das ist auch gut so, denn ohne Freude würden wir das Schwere und Traurige gar nicht tragen können und umgekehrt nicht spüren, was Freude ist.
In dem Vielen was uns nun im Alltag begegnet, wünsche ich uns die Geborgenheit, so wie Joseph sie Maria und dem Kind schenkt. Ich wünsche uns, dass wir den zärtlichen Blick vom Kind in der Krippe auf unseren Nächsten wenden können und spüren, wie wir in Gottes Geborgenheit unseren Alltag bestreiten können.
Die kleine Skulptur auf meinen Schreibtisch erinnert mich immer wieder daran und lässt so den Gedanken an Gottes Menschwerdung in mir lebendig sein. Ich weiß: ER geht mit mir durch die Höhen und Tiefen meines Lebens und verlässt mich nicht. So bleibt ein wenig vom hellen Licht der Weihnacht!
Ich wünsche uns allen eine gesegnete Woche und einen gesegneten Februar.
Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel


zurück zum Seitenanfang

24.01.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
Eine Hand wird geöffnet und vorsichtig ausgestreckt. Darinnen locken einige Körner. Etliche Zeit vergeht, doch dann traut sich die kleine Kohlmeise und gleich wird das Picken des winzigen Schnabels zu spüren sein.
Haben Sie das auch schon einmal erlebt oder ausprobiert? Eine große Portion Geduld gehört dazu! Ich denke an eine Begegnung mit einer alten Dame vor ein paar Wochen. Immer wieder hatte sie ihre Hand mit Körnern gefüllt. Und dann einfach gewartet! Irgendwann wurde sie „belohnt“ von der kostbaren Begegnung mit dem kleinen Geschöpf.
Die Dichterin Hilde Domin hat so ein Erlebnis als Schlüsselszene für ihr Leben beschrieben: „Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise, wie einem Vogel die Hand hinhalten!“ Nicht müde werden, immer wieder einmal einen neuen Versuch wagen und mit viel Geduld etwas ausprobieren.
Nicht müde werden und dem Wunder – dem Wunder des Lebens, dem Wunder der Begegnung mit unterschiedlichen Menschen, mit Gott – wie einem Vogel die Hand hinhalten!
Ihre Pfarrerin Katharina Wagner


zurück zum Seitenanfang

10.01.2019

Liebe Leserin, lieber Leser,
Bilanzen erstellen und gute Vorsätze fassen. Der Jahreswechsel vereint Altes mit Neuem. Ich lasse mit dem alten Jahr vieles zurück, blicken zurück auf Erfolge – aber auch auf Misserfolge, auf verpasste Gelegenheiten. Daher starte ich mit guten Vorsätzen in das neue Jahr. Jetzt soll es besser werden, etwas Neues beginnt.

Genauso wie das Warten auf Mitternacht und der Sekt gehören die guten Vorsätze für das neue Jahr zu Silvester dazu. „The same procedure as every year?“ – Vermutlich stelle ich schon nach einem Monat fest, dass meine guten Vorsätze dahin sind.
Deswegen keine Vorsätze machen? Für mich kommt das nicht in Frage, denn

Alles wandelt sich. Neu beginnen
Kannst du mit dem letzten Atemzug.
Aber was geschehen ist, ist geschehen. Und das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten.
Was geschehen ist, ist geschehen. Das Wasser
Das du in den Wein gossest, kannst du
Nicht mehr herausschütten, aber
Alles wandelt sich. Neu beginnen
Kannst du mit dem letzten Atemzug. (Bertolt Brecht)

Egal was gewesen ist, ich kann immer neu anfangen. Ja, das Alte bleibt, aber ich kann neu beginnen – jedes Jahr. Der Neuanfang – eine Möglichkeit, die wir vor Gott immer wieder haben. Aber dazu braucht es den Vorsatz von uns!
Und wer weiß, vielleicht klappt es dieses Jahr!
Ein gutes neues Jahr wünsche ich Ihnen!
Pfarrerin Katharina Wagner

zurück zum Seitenanfang

17.01.2019

Liebe Leserin, lieber Leser!
„Suche Frieden und jage ihm nach!“ – so lautet die Jahreslosung aus dem 34. Psalm. Wieder ein Wort, das so treffend unsere Zeit, in der wir leben und die Zeit erleben hineinpasst. Friedlos präsentiert sich unsere Welt auch am Beginn eines neuen Jahres. Manch einer verliert jetzt schon alle Hoffnung. Doch hilft das auch nicht weiter. Beharrlich am Friedenswillen festhalten, nicht aufgeben Frieden zu stiften, darum geht es immer wieder – im Großen, wie im Kleinen. Ich wünsche uns allen die Ausdauer, die Beharrlichkeit, die Hoffnung und den Mut und den richtigen Blick, so wie es folgende Geschichte eines unbekannten Verfassers zum Ausdruck bringt.
Gottes Segen und Kraft für 2019 – Ihr/Euer Pfarrer Thomas Abel

Es war einmal ein König, der schrieb einen Preis im ganzen Land aus: Er lud alle Künstlerinnen und Künstler dazu ein, den Frieden zu malen und das beste Bild sollte eine hohe Belohnung bekommen. Alle Malerinnen und Maler im Land machten sich eifrig an die Arbeit und brachten dem König ihre Bilder. Von allen Bildern, die gemalt wurden, gefielen dem König zwei am besten. Zwischen denen musste er sich nun entscheiden. Das erste war ein perfektes Abbild eines ruhigen Sees. Im See spiegelten sich die malerischen Berge, die den See umrandeten und man konnte jede kleine Wolke im Wasser wiederfinden. Jeder, der das Bild sah, dachte sofort an den Frieden. Das zweite Bild war ganz anders. Auch hier waren Berge zu sehen, aber diese waren zerklüftet, rau und kahl. Am düsteren grauen Himmel über den Bergen jagten sich wütende Wolkenberge und man konnte den Regen fallen sehen, den Blitz aufzucken und auch fast schon den Donner krachen hören. An einem der Berge stürzte ein tosender Wasserfall in die Tiefe, der Bäume, Geröll und kleine Tiere mit sich riss. Keiner, der dieses Bild sah, verstand, wieso es hier um Frieden gehen sollte. Doch der König sah hinter dem Wasserfall einen winzigen Busch, der auf der zerklüfteten Felswand wuchs. In diesem kleinen Busch hatte ein Vogel sein Nest gebaut. Dort in dem wütenden Unwetter an diesem unwirtlichen Ort saß der Muttervogel auf seinem Nest – in perfektem Frieden.
Welches Bild gewann den Preis?
Der König wählte das zweite Bild und begründete das so: „Lasst Euch nicht von schönen Bildern in die Irre führen: Frieden braucht es nicht dort, wo es keine Probleme und keine Kämpfe gibt. Wirklicher Frieden bringt Hoffnung, und heißt vor allem, auch unter schwierigsten Umständen und größten Herausforderungen, ruhig und friedlich im eigenen Herzen zu bleiben." (Verfasser unbekannt)


zurück zum Seitenanfang